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Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

1. Juli 1918

Der Newaldhof in Wien-Alsergrund
Der 1828 erbaute Newaldhof in Wien-Alsergrund, Währingerstraße 22 an der Ecke zur Thurngasse, im Jahr 1906; © Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv

Am 1. Juli 1918 berichtete die Neue Freie Presse über die Hauptversammlung des Vereins zur Errichtung und Erhaltung von Gemeinschaftsküchen. Von der Pädagogin und Gründerin der nach ihr benannten Schwarzwaldschule Eugenie Schwarzwald konstituiert, richtete der Verein im November 1916 seine erste Gemeinschaftsküche in den Räumen des früheren Restaurants "Newaldhof" im neunten Wiener Gemeindebezirk ein. Bis 1918 wurden fünf weitere Küchen eingerichtet. Das ambitionierte Projekt konnte allerdings nur einer kleinen Zahl an Bedürftigen helfen.

"Den Tätigkeitsbericht erstattete Frau Eugenie Schwarzwald, von der seinerzeit der Gründungsgedanke ausgegangen ist und die augenblicklich fünf Gemeinschaftsküchen des Vereines leitet. An der Hand eines reichen Tatsachenmaterials beklagte sie die späte Gründung, die Schwierigkeiten in der Beschaffung der Einrichtungsgegenstände mit sich gebracht und jede Vorratswirtschaft unmöglich gemacht hatte. Die Folge davon ist, daß es nicht genug Küchen gibt, so daß der Gemeinschaftsküchenverein etwa 28.000 Menschen abweisen mußte. Trotzdem hat der Verein viel Positives geleistet. Er verpflegt in seinen sechs Küchen, zu denen sich demnächst eine siebente gesellt, etwa 5000 Personen des Mittelstands."

Wie viele gemeinnützige Vereine und Projekte, lebten auch die Gemeinschaftsküchen von der ehrenamtlichen Arbeit aufopferungsbereiter Menschen: "Diese Arbeit wird liebevoll und sorgfältig getan, insbesondere gebühre den Küchenleiterinnen und den 165 Angestellten des Vereines für ihre hingebungsvolle Tätigkeit voller Dank. Der Grundsatz des Vereines, bescheidene Speisefolgen in möglich ansprechender Form, an weißgedeckten, blumengeschmückten Tischen, bei guter Bedienung zu bieten, habe sich sehr bewährt."

Eugenie Schwarzwald, die aus Galizien stammte, studierte an der Universität Zürich und erhielt als eine der ersten Österreicherinnen einen Doktortitel. Ab 1911 führte sie die "Schwarzwaldschule", an der – erstmals in Österreich – Mädchen die Matura ablegen konnten. Als Lehrer konnte sie unter anderem Oskar Kokoschka (Malen und Zeichnen), Adolf Loos (Architektur), Arnold Schönberg und Egon Wellesz (Musik) sowie den Juristen Hans Kelsen gewinnen. 1938 musste sie wegen ihres jüdischen Glaubens in die Schweiz flüchten, wo sie 1940 in Zürich 68jährig verstarb.

Im Jahr 2011 wurde in Wien Donaustadt der Eugenie-Schwarzwald-Weg nach ihr benannt

Link:
Verein zur Schaffung und Erhaltung von Gemeinschaftsküchen (Neue Freie Presse vom 1. Juli 1918)

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