Die junge Republik sah sich in ihren Anfangstagen zahlreichen jetzt überflüssigen Hinterlassenschaften der habsburgischen Monarchie gegenüber, die rasch zu Geld gemacht werden mussten, um die drückende Not der Nachkriegszeit zu lindern. Die Illustrierte Kronen-Zeitung berichtete am 11. Dezember 1918 in einem lebhaften Artikel von einer gut besuchten Versteigerung von Lipizzaner und Kladruber Pferden im "Hofmarstallgebäude" in der Wiener Hofstallstraße 1 (heute der Fußgängern vorbehaltene Weg vor dem Eingang in das Museumsquartier in Wien-Neubau):
"Einige tausend Kauflustige und Neugierige hatten sich schon lange vor Beginn der Lizitation im großen Hofe des Gebäudes eingefunden. Der geräumige Hof konnte die vielen Menschen kaum fassen. Die Fenster, die in den Hof mündeten, die Bäume, ja selbst einige Leitern, die zufällig an der Wand lehnten, waren von den Kauflustigen besetzt. Unter diesen bemerkte man Gewerbetreibende, Fiaker, Landwirte, auch Offiziere und Pferdehändler [...] Die Preise wurden infolge der großen Kauflust sprunghaft in die Höhe getrieben. Die Pferde, die um 2000 bis 3000 ausgerufen wurden, erzielten Preise, die sich zwischen 9000 und 27.000 Kronen bewegten. Diesen höchsten Preis erzielten zwei Kladruber Schimmelhengste."
Kladruber ist eine Pferderasse aus dem heute in der Tschechischen Republik liegenden ehemaligen k.u.k. Gestüt Kladruby nad Labem, das in einem Atemzug mit Gestüten im heute slowenischen Lipica oder im steirischen Piber genannt wird. Die eleganten Kladruber Pferde wurden seit 1552 vor allem für zeremonielle Anlässe bei Hof gezüchtet, für die nur Schimmel in Frage kamen.
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Eine bewegte Pferdeauktion im Hofstallgebäude (Illustrierte Kronen-Zeitung vom 11. Dezember 1918)