Betrachtet man das Titelblatt des Arbeiterwillens vom 12. April 1918 sticht sofort die Leere des Blattes ins Auge. Die Titelseite umfasst lediglich die üblichen Zeitungsangaben und einen kurzen Artikel zur "Sixtus Affäre", ein Skandal, der das Bekanntwerden der geheimen Verhandlungen Österreich-Ungarns mit Frankreich während des Ersten Weltkriegs im Jahr 1917 betraf und das Vertrauen sowohl in den Kaiser als auch dessen Regierung schwer erschütterte.
Die sogenannten weißen Flecken in den Zeitungen stammten von der Zensur, die oftmals so kurzfristig zuschlug, dass den Redakteuren keine Zeit blieb neue Leitartikel zu verfassen. Einige Zeitungsherausgeber ließen die weißen Flecken auch absichtlich stehen, um die Zensur sichtbar zu machen.
Die politische Pressezensur oblag dem Kriegsüberwachungsamt und wurde von Mitarbeitern diverser Ministerien übernommen. Dieses Überwachungsamt war in Untergruppen mit verschiedenen Aufgabenbereichen unterteilt, in eine politische und eine militärische Pressezensur, die Briefzensur und die Telegrammzensur. Leidtragende der Zensur war die Öffentlichkeit, aber besonders Journalisten waren davon betroffen, denn mehrmalige Nichtbefolgung von Zensurbefehlen konnte zu einem Berufsverbot oder gar zur Verhaftung führen.
Links:
Zensurierter Leitartikel (Arbeiterwille vom 12. April 1918)
Heute vor 100 Jahren: 4. Februar 1918 (Kaiserbesuch und Zensur)
Heute vor 100 Jahren: 24. September 1917 (Das zensurierte Wiener-Montag Journal)
Weiterlesen: "Wenn wir nur glücklich wieder beisammen wären..." Der Krieg, der Frieden und die Liebe am Beispiel der Feldpostkorrespondenz von Mathilde und Ottokar Hanzel (1917/18) (PDF)
Weiterlesen: Die Sixtus-Affäre: Ein diplomatischer Super-GAU