Die Website zum Gedenk- und Erinnerungsjahr 2018 wird nicht mehr aktualisiert, steht aber bis auf weiteres als Nachlese zur Verfügung.
Seitenpfad
Ihre Position: Oesterreich100.at - Von Tag zu Tag 1917 bis 1919
Inhalt

Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

12. Februar 1919

Jugendliche in der Fragant in Kärnten, um 1930
Jugendliche in der Fragant in Kärnten, um 1930; © Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv

Am 12. Februar 1919 erlangte das Gesetz vom 6. Februar 1919 über die Volljährigkeit Rechtskraft. Ab diesem Tag war man bereits mit 21 Jahren volljährig und nicht mehr erst mit dem 24. Lebensjahr. Diese Gesetzesänderung stieß in allen politischen Parteien und auch in Juristenkreisen auf große Zustimmung, insbesondere auch deswegen, da die Republik das aktive Wahlrecht von der Volljährigkeit entkoppelt hatte und 18-Jährige für die unmittelbar bevorstehenden Wahlen zur konstituierenden Nationalversammlung wahlberechtigt waren. Einzelne Juristen hatten noch wenige Jahre zuvor, als das aktive Wahlrecht an die Volljährigkeit gebunden war, Bedenken geäußert, dass mit einer Absenkung der Volljährigkeit auf 21 Jahre Personen, die aus ihrer Sicht noch nicht politisch reif wären, das aktive Wahlrecht erlangt hätten. Die Allgemeine Österreichische Gerichtszeitung äußerte sich Anfang März 1919 dazu:

"Eine Rückständigkeit unseres bürgerlichen Rechtes, welches sich in der Altersgrenze der Minderjährigkeit von den Rechten der meisten Staaten unterschied, ist endlich beseitigt, indem das Gesetz vom 6. Februar 1919, StGBl. Nr. 96 die Altersgrenze der Minderjährigkeit auf das 21. Lebensjahr herabgesetzt hat. Die nichtigen Gründe, mit welchen der Herrenhausbericht (S. 11) gegenüber dem nahezu einmütigen Verlangen der Wissenschaft (siehe a. a. O. Krasnopolski, Tilsch, Steinlechner, Mayr, Leemann und insbesondere Pfersche, Prager Vierteljahresschrift, Heft 4, 1912) und der Praktiker die Beibehaltung der den modernen Verhältnissen in keiner Weise entsprechenden Altersgrenze von 24 Jahren zu vertreten versuchte, indem die Rückwirkung auf das politische Wahlrecht geltend gemacht wurde, sind jetzt, da das Wahlrecht bereits mit dem achtzehnten Jahre erworben wird, in Wegfall gekommen […] Ganz richtig führt Armin Ehrenzweig (Die Zivilrechtsreform in Österreich, Wien 1918, S. 4/5) aus, daß alle herrschenden Ideen unserer Zeit den in der Kulturwelt fast überall eingeführten Großjährigkeitstermin von 21 Jahren verlangen, nämlich die Idee der Rechtsannäherung, die Idee der Demokratisierung – die Altersgrenze von 24 Jahren ist eine durchaus aristokratische Einrichtung – und nicht zuletzt die Idee der Wirtschaftlichkeit, nämlich im Sinne einer Entlastung der Gerichte und der Ersparung von Kosten für die Bevölkerung (Inventare, Rechnungen, Erläge u. dgl. m.)."

Bis heute wurde die Volljährigkeit noch zweimal herabgesetzt: 1973 auf 19 Jahre und 2001 auf 18. Die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht wurde 2007 auf das 16. Lebensjahr gesenkt, womit Österreich in der Europäischen Union ein Alleinstellungsmerkmal hat.

Links:
Die Herabsetzung der Grenze der Volljährigkeit (Allgemeine Österreichische Gerichtszeitung vom 1. März 1919) 
Weiterlesen: Geschichte der Volljährigkeit in Österreich (Österreichische Gesellschaft für Genealogie und Geschichte) 
Weiterlesen: Wählen ab 16 – Österreich als Vorreiter in der EU (Österreichische Gesellschaft für Europapolitik)

Alle Einträge anzeigen: Von Tag zu Tag