Am 12. März 1918 berichtete die Marburger Zeitung über den Prozess gegen eine "fahrende Verbrecherin", eigentlich die bereits mehrfach verurteilte Betrügerin Kramberger, die in der Steiermark und der Untersteiermark (heute Slowenien) einen Schaden von mehreren Tausend Kronen angerichtet hatte. Zu allem Überdruss wurde die "Landstreicherin" auch noch der Majestätsbeleidigung "in Tschaga im slovenischen Idiom" beschuldigt (Tschaga, eigentlich Žaga, liegt im Nordwesten Sloweniens bei Bovec, nahe an der italienischen Grenze).
"Nach ihrer letzten Entlassung aus der Strafhaft im August v.J. trieb sie sich in den Bezirken Marburg [Maribor, Slowenien], Pettau [Ptuj, Slowenien], St. Leonhard, Wildon, Leibnitz u.a. herum, gab sich als reiche Besitzers-oder Gastwirtstochter aus, entlockte einer überaus großen Anzahl von Personen Geld und Lebensmittel unter dem Vorwande, dieses den eingerückten Vätern und Söhnen der Betreffenden zu übersenden, 'entlieh' sich ferner unter dem Vorwande, sie wolle sich photographieren lassen, eine große Anzahl von Frauenkleidern und außerdem stahl sie, was sie erwischen konnte. Auf diese verschiedenartige Weise erbeutete sie Bargeld, ganze Anzüge, Kleidungsstücke, goldene Uhren und Ketten, Selchfleisch, Verhacket, Oel, Eier und Tabak usw."
Kramberger wurde zu 2 Jahren "schwerem Kerker" mit anschließender Unterbringung in einer "Zwangsarbeitsanstalt" verurteilt. Seit 1873 war es in der Monarchie gesetzlich möglich Personen, die wegen "Landstreicherei" und Bettelei verurteilt worden waren, bis zu 3 Jahren polizeilicher Aufsicht zu unterstellen oder erschwerend in Zwangsarbeitsanstalten unterzubringen.
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Aus dem Gerichtssaale: Eine fahrende Verbrecherin (Marburger Zeitung vom 12. März 1918)
Weiterlesen: Gesetz vom 10. Mai 1873 womit polizeistrafrechtliche Bestimmungen wider Arbeitsscheue und Landstreicher erlassen werden