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Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

12. Mai 1918

"Im Krieg" - Der Abschied
"Im Krieg" (R. Turi); © Figaro, 1. August 1914

Während des Ersten Weltkriegs kam es vermehrt zu Scheidungen, wobei sich mancherorts die Scheidungsraten sogar verdoppelten. Die Grazer Vorortezeitung versuchte am 12. Mai 1918 eine Begründung dafür zu finden:

"Und die Ursache dieser Massenflucht aus der Ehe? In den meisten Fällen ist es die Untreue der Frau. So mancher auf Urlaub heimkehrende Krieger findet sich bei seiner Ankunft ohne Heim, die Einrichtung ist verkauft und sein Weib ist fort. Oder aber er findet in seiner Wohnung einen Nachfolger, häufig noch dazu in seinen Kleidern. […]. Abgesehen von den vielen durch die sozialen Verhältnisse verursachten Ehescheidungen betreffen viele Fälle bereits schwankend gewesene Ehen, die dann durch die lange Abwesenheit des Mannes ganz aus dem Leim gingen, nachdem der Kitt, der sie noch zusammengehalten, nur die Scheu vor dem Auseinandergehen oder die Rücksicht auf die Familie war."

Durch den Weltkrieg wurde das Familienleben massiv erschwert, durch Kriegsdienst und Gefangenschaft der Männer, Flucht und Evakuierung von Frauen und Kindern sowie die Landverschickung von Kindern wurden Familien oft für lange Zeit getrennt. Familien wurden zerrissen und die Beziehung zwischen Vätern und Kinder gestört.

Doch auch nach dem Krieg ging die Scheidungsrate nur langsam zurück. Bedrückende Kriegserlebnisse der Männer und die Zunahme familiärer Gewalt trugen zur Scheidungsrate nach dem Weltkrieg bei. Nach Rückkehr der Väter herrschten oft große Hoffnungen und letztlich nicht erfüllbare Erwartungen an sie. Die Frauen waren es, denen die Aufgabe der Vermittlerinnen zwischen Kindern und Vätern zukam und sie waren es auch, die die Heimkehrer in den Alltag und die Nachkriegsgesellschaft einführen mussten. Allerdings hatte sich das Frauenbild während des Ersten Weltkriegs gewandelt, was für viele Heimkehrer schwer zu begreifen war. Ihr Wunsch nach Rückkehr zu der traditionellen Rollenverteilung aus der Vorkriegszeit belastete wiederum die Frauen, die ihre neue Eigenständigkeit nicht mehr aufzugeben bereit waren.

Links:
Die Massenflucht aus der Ehe (Grazer Vorortezeitung vom 12. Mai 1918)
Heute vor 100 Jahren: Zunahme an Eheschließungen (12. Februar 1918)

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