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Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

13. August 1918

Der Wiener Tierpark Schönbrunn um 1910
Der Wiener Tierpark Schönbrunn um 1910: Giraffengehege, Elefant beim Kopfstand, Wärter mit einem großen und zwei kleinen Orang-Utans, Strauß-Männchen mit Wärter; © Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv

Im Krieg litten nicht nur Menschen unter dem Lebensmittelmangel. Auch Tiere blieben davon nicht verschont. Im Schönbrunner Zoo führte der Erste Weltkrieg zu einer ernsten Katastrophe, denn nach und nach mussten Gehege geschlossen werden, weil die Tiere verhungerten. Die Österreichische Volkszeitung berichtete am 13. August 1914 folgendes:

"Wie wir vor einigen Tagen berichteten, ist in der Schönbrunner Menagerie das Giraffenhaus geschlossen worden, da die letzte der Giraffen eingegangen ist. Es war ein junges Tier, das mangels anderer Futtermittel mit Pferdebohnen ernährt wurde, aber trotzdem nicht erhalten werden konnte […] Daß in einer Zeit, in der für die Menschen nicht genug Nahrungsmittel zu haben sind, die Not an den Schönbrunner Tierhäusern nicht vorübergeht, ist selbstverständlich. Die armen Tiere leiden jetzt stark unter dem Futtermangel, und wenn man die Wärter frägt, warum dieses und jenes Tierhaus geschlossen worden ist, heißt es lakonisch: 'Ausgestorben!' Viele der Lieblinge der Wiener sind dem über vier Jahre dauernden Krieg zum Opfer gefallen. Von der Elefantenfamilie ist nur mehr das 'Mädi', das in Wien zur Welt kam, am Leben; die Mama 'Mizzi' ging bereits 1916 ein, ihr folgten der trauernde Vater 'Pepi' und die Schwestern 'Gretl' und 'Lori' […] Von den zahlreichen Affen, die im Sommer die schaulustige Menge amüsierten, sind mangels der erforderlichen Nahrung (Südfrüchte, Brot, Obst re.) fast alle eingegangen. Nur mehr zwei Affen bewohnen das Affenhaus und nähren sich kümmerlich von dem bißchen Polenta, das sie bekommen […] Einige Löwen wurden an die Budapester Menagerie verschenkt. Die noch vorhandenen Raubtiere, von denen viele ein Vermögen gekostet haben, werden mit Pferdefleisch gefüttert […] Viele Rinderarten sind ganz verschwunden. Zum Teil sind die Tiere eingegangen, zum Teil sind sie an andere Institute verschenkt worden. Die Rehe und Hirsche werden ja nach dem Kriege leicht ersetzt werden können; nicht so leicht aber die Lamas, die Zebras, von denen nur mehr drei übrig blieben, und manche exotische Gattungen. Die Reptilien (darunter eine große Riesenschlange) sind ganz eingegangen, ebenso die kleinen Raub- und Nagetiere, viele Strauße, Papageien, Raub- und Sumpfvögel, die ohne Körnerfrüchte oder Fleischnahrung nicht erhalten werden können. Vielfach wurde mit Ersatzmitteln gefüttert, aber die Tiere gedeihen dabei ebensowenig als die Menschen."

Links:
Die hungrige Menagerie. Eingegangene Schönbrunner Lieblinge (Österreichische Volks-Zeitung vom 13. August 1918)
Heute vor 100 Jahren: Der Krieg und der Eisbär (11. Mai 1918)

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