Mit dem Waffenstillstand von Villa Giusti am 3. November 1918 endete der Erste Weltkrieg für Österreich-Ungarn. Zu diesem Zeitpunkt war der Zerfall der Monarchie bereits vorhersehbar, weshalb sich in den heutigen Bundesländern provisorische Landesregierungen bildeten, die im Lauf des Novembers 1918 nach und nach ihren Beitritt zur neuen Republik verkündeten. Probleme bereiteten allerdings die nicht-deutschsprachigen Teile der Steiermark und Kärntens beziehungsweise der Anspruch Italiens auf das deutschsprachige Südtirol. Während die Steiermark und Tirol hinsichtlich der Grenzziehung auf die kommende Friedenskonferenz vertrauten, beschloss die Kärntner Landesregierung am 5. Dezember 1918 Gebietsansprüchen des SHS-Staates (Staat der Slowenen, Kroaten und Serben) mit Waffengewalt entgegenzutreten ("Kärntner Abwehrkampf").
Gebietsansprüche wurden aber nicht nur mit Waffengewalt durchgesetzt oder abgewehrt, sondern auch propagandistisch vorangetrieben. Im Fall von Kärnten erhob der SHS-Staat nicht nur auf das mehrheitlich slowenische Südkärnten Anspruch, sondern auch auf die beiden Städte Klagenfurt und Villach, die damals zu etwa 90% deutschsprachig waren. Der Anspruch auf die beiden Städte wurde in einem von Dr. C. Oblak gezeichneten Artikel im Slovenski Narod vom 2. Dezember 1918 mit der angeblichen Bereitschaft der Bevölkerung dieser Städte erklärt, sich sofort als Slowenen zu bekennen, würden Klagenfurt und Villach dem SHS-Staat zugeschlagen; außerdem wurde behauptet, dass die Bevölkerung Klagenfurts um die Mitte des 19. Jahrhunderts sowieso mehrheitlich slowenischsprachig gewesen wäre.
Die in Klagenfurt erscheinenden deutschnationale Tageszeitung Freie Stimmen konterte im Propagandakrieg, nahm es aber am 13. Dezember 1918 ihrerseits mit der Geschichte und den Zahlen auch nicht besonders genau:
"Die Behauptung, daß Klagenfurt vor 50 Jahren seiner Mehrheit nach slowenisch gewesen wäre, ist bereits wiederholt […] als eine grobe Geschichtslüge und Tatsachenfälschung erwiesen worden. Der Begründer der national-slowenischen Bewegung in Kärnten und deren erster politischer Führer Andreas Einspieler selbst hat schon 1861 die Angabe des Statistikers Ficker, der für 1861 die Zahl der Deutschen in Klagenfurt mit 6279 und die der Slowenen mit 7200 berechnete, mit den Worten abgetan: 'So was kann doch nur ein Dichter schreiben'. Das genügt wohl zur Kennzeichnung der frechen Fälschungen Dr. Oblaks, über welche selbst die Kühe in den Kärntner Stallungen lachen."
Tatsächlich war das mehrheitlich deutschsprachige Klagenfurt, slowenisch Celovec, für die slowenische Bevölkerung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts das bedeutendste gesamtslowenische kulturelle Zentrum der Habsburger Monarchie. 1851 entstand in Klagenfurt mit dem Mohorjeva Verlag der größte slowenische Buchverlag, 1851 wurde am Klagenfurter Gymnasium sowie an der Lehrerbildungsanstalt das Unterrichtsfach Slowenisch für "geborene Slovenen" eingeführt, für das sich aber auch anderssprachige Schüler anmelden konnten, und schon Ende des 18. Jahrhunderts erging für Klagenfurt eine zweisprachige Marktordnung. In Klagenfurt hatten Ende des 19. Jahrhunderts circa 25 slowenische Vereine ihren Hauptsitz und die Bewohner der meisten Umlandgemeinden sprachen mehrheitlich Slowenisch.
Auch ist Klagenfurt mit den Namen zweier für das heutige Slowenien bedeutender Personen eng verbunden: Der Physiker Josef Stefan, nach dem heute die bedeutendste Forschungseinrichtung Sloweniens benannt ist, kam in Klagenfurt zur Welt, und in der Innenstadt erinnert eine Gedenktafel an den langen Aufenthalt des Dichters France Prešeren, Schöpfer des Textes der slowenischen Nationalhymne.
Links:
Slowenischer Geschichts- und Tatsachenfälscher (Freie Stimmen vom 13. Dezember 1918)
Weiterlesen: Monarchieende und Abwehrkampf
Weiterlesen: Katja Sturm-Schnabl, Bojan-Ilja Schnabl (Hg.), Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška. Von den Anfängen bis 1942 (Open Access PDF)