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Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

14. Februar 1919

Die Wiener Stadtbahn (heute U-Bahnlinie 6): Die Station Gumpendorfer Straße um 1910
Die Wiener Stadtbahn (heute U-Bahnlinie 6): Die Station Gumpendorfer Straße um 1910, im Hintergrund die Kirche Maria vom Siege; © Gemeinfrei

Aufgrund der Mangelwirtschaft der Nachkriegszeit, insbesondere auch wegen des Kohlenmangels, der durch die neuen Grenzziehungen entstand, – die Kohlengruben lagen nun in der Tschechoslowakei – kam es im österreichischen Zugsverkehr zu zahlreichen Engpässen. In Wien wurde beispielsweise der Stadtbahnverkehr Ende 1918 fast ganz eingestellt. Das Fremden-Blatt berichtete am 14. Februar 1919:

"Im Stadtrat berichtete Stadtrat Schmid über den Antrag auf Wiederaufnahme des Stadtbahnverkehrs: Die Staatsbahndirektion beabsichtigte den Betrieb wenigstens in beschränktem Umfange wieder aufzunehmen. Wegen Kohlenmangels war es aber nicht möglich. Die Kohlenzuschübe für Wien sind noch immer ungenügend. Die Bahnen haben sich wiederholt an die Gemeinde um Aushilfe gewendet und Beschlagnahmen von Kohlen, die für die Gemeinde und die Bevölkerung bestimmt waren, durchgeführt. Die Gemeinde kann aber weder freiwillig den Bahnen Kohle zur Verfügung stellen, noch kann sie ohneweiters sich die wiederholten Beschlagnahmen gefallen lassen, weil hiedurch die Versorgung der Bevölkerung mit dem nötigen Küchenbrande gefährdet wird. Sollte aber die Gemeinde einmal mehr Kohle bekommen, als sie unbedingt braucht, so wird es im Interesse der Allgemeinheit gelegen sein, den Straßenbahnverkehr zu verbessern. Der Referent stellte folgenden Antrag: Die Staatseisenbahnverwaltung wird dringendst ersucht, sobald es die Verhältnisse irgendwie zulassen, den Stadtbahnverkehr wenigstens teilweise in eingeschränktem Umfang unter Bedachtnahme auf den Betriebsbeginn und den Betriebsschluß in den Fabriken und Werkstätten wieder aufzunehmen."

Ursprünglich wurde die Wiener Stadtbahn von der Staatsbahn, dem Vorläufer der heutigen ÖBB, betrieben. Diese hatte am Wiener Stadtverkehr großes Interesse, da man vor dem Weltkrieg damit rechnete, dass Wien rasch auf bis zu vier Millionen Einwohnerinnen und Einwohner anwachsen würde und Investoren anziehen würde. Nach dem Zerfall der Monarchie verlor die Staatsbahn aber bald das Interesse am innerstädtischen Verkehr, da die Randlage Wiens knapp an den neuen Grenzen den Eisenbahnverkehr in den Norden und Osten fast vollkommen zusammenbrechen ließ. Im Gegensatz zu den hochgesteckten Erwartungen der Vorkriegszeit verzeichnete Wien 1919 außerdem zum ersten Mal einen Bevölkerungsrückgang. Erst 1923 sollte es mit der Übernahme des Stadtbahnbetriebs durch die Gemeinde Wien wieder aufwärts gehen, wobei der Vollbetrieb der nun elektrifizierten Stadtbahn erst 1925 aufgenommen wurde.

Links:
Der Ruf nach dem Stadtbahnverkehr (Fremden-Blatt vom 14. Februar 1919)
Heute vor 100 Jahren: Der Stadtbahnbetrieb im Ersten Weltkrieg (18. Oktober 1917)

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