Das Grazer Tagblatt berichtete am 15. März 1918 über eine Unterschriftenaktion für die Schaffung eines südslawischen Staates, die zwar von der Kärntner Landesregierung als "hochverräterisch" betrachtet, aber nach Protesten von der k.u.k. Regierung am 28. Februar zugelassen wurde. Der oben abgebildete Leitartikel, der in der auf Slowenisch erscheinenden Klagenfurter Zeitung Mir erschien, bezieht sich auf diesen Konflikt.
Das Grazer Tagblatt: "In Kärnten wurde gegen mehrere Sammler von Unterschriften für den südslawischen Staat die strafgerichtliche Verfolgung wegen Verbrechens des Hochverrates und wegen des Verbrechens der Störung der öffentlichen Ruhe eingeleitet. Nach Mitteilung des Klagenfurter 'Mir' hat sich der Obmann des südslawischen Klubs, Dr. Korosec, deshalb beim Ministerpräsidenten und beim Minister des Innern beschwert, worauf ihm der Ministerpräsident am 28. Februar mitteilte, daß er mittels drahtlicher Weisung den Behörden in Kärnten jede Verfolgung der Unterschriftensammler untersagt habe. 'Die Kärntner Landesregierung,' schreibt 'Mir', 'von der die Verfolgungsaktion ausgegangen ist, kann sich jetzt bei der Nase packen.'"
Tatsächlich strebte der damalige Innenminister Ernst Seidler von Feuchtenegg eine Verfassungsreform an, die unter Beibehaltung der Kronländer zu national einheitlichen und politisch autonomen Kreisen innerhalb der Monarchie führen sollte. Er war deshalb der Ansicht, dass sich die südslawischen Gebiete der Monarchie, insbesondere Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Dalmatien vereinigen sollten, schloss aber – wie man heute weiß – die slowenisch dominierten Teile Kärntens, der Steiermark sowie von Krain und Görz-Gradiska von einem südslawischen Zusammenschluss aus. Letzteres wurde von ihm 1918 allerdings verheimlicht, um Unruhen innerhalb der slowenischen Bevölkerungsgruppe zu vermeiden.
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Drüben und hüben (Grazer Tagblatt vom 15. März 1918)