Da die Kohlenot insbesondere in den Städten der Monarchie während des Weltkriegs stetig wuchs und die Versorgung für den Herbst und Winter 1918 in Wien alles andere als gesichert erschien – beispielsweise war das Heizen vor dem 15. Oktober verboten und in Privathaushalten durften maximal drei Räume geheizt werden –, berichteten die Wiener Bilder am 15. September 1918 Jahren über die neuen städtischen Kohlebahnhöfe, wo sich die Bevölkerung mit Kohle versorgen konnte. Nicht zuletzt auch deshalb, um die Bevölkerung zu beschwichtigen:
"Vor kurzem ist aus den neuen städtischen Kohlenplätzen die 83.000 Partei rayoniert* worden und damit ist ein Großteil der Bevölkerung mit städtischer Kohle versorgt. Der Ausbau der städtischen Kohlenplätze ist damit vorbehaltlich etwaiger in Zukunft erforderlicher Projekte als vollendet zu betrachten. Schon 1914 war mit der Anlage der Kohlenplätze Westbahnhof, Matzleinsdorf, Engerthstraße, Vorgartenstraße und Nordwestbahnhof begonnen worden. Im Februar 1915 wurden diese fünf Plätze, im September 1915, der Kohlenplatz Ottakring eröffnet. Alle diese Plätze sind an Hauptbahnen gelegen und erhielten zunächst befindliche Bahngeleise oder eigene Schleppgeleise. Als im Dezember 1916 die Situation kritisch wurde, erbaute die Gemeinde neue Kohlenplätze am Aspangbahnhof, in Michelbeuern, Floridsdorf und in der Aßmayergasse. Ueberdies wurden von der Nordwestbahn nächst der Stromstraße eigene Kohlenkutschen errichtet, die mit Straßenbahnanschluß hauptsächlich das Jubiläumsspital, die Kriegsspitäler und die Betriebsbahnhöfe mit Kohle versorgen. Die starke Kälte des Winters 1916-17 brachte außerordentliche Ansprüche an die Kohlenversorgung. Es wurde daher neue Plätze an Hauptbahnen gebaut, und zwar am Ostbahnhof, in Altmannsdorf und Baumgarten. Da weitere an Hauptbahnen gelegene Plätze nicht zur Verfügung standen, wurden in Grinzing, Hernals und Erdberg Kohlenverkaufsplätze neu errichtet, die, mehr dem Zentrum der Stadt zu gelegen, eingebaute Straßenbahnhöfe erhielten. Die drei letztgenannten Plätze bedingten wieder die Anlage eines Kohlenumschlagplatzes (Umladung von Voll- auf Straßenbahnwagen), die in der Vorgartenstraße geschaffen wurden. Die Ueberladung geschieht mittelst fahrbaren Drehkranes von den Vollbahnwagen in zwei Kohlensilos, von welchen aus auf maschinellem Wege die Beladung der Straßenbahnwagen erfolgt wobei der ganze Zug unter den Silo fährt. Der Dampfkran kann bei zehnstündiger Arbeitszeit 300 Tonnen entladen. Die Abfertigung eines ganzen Straßenbahnzuges dauert nur zehn Minuten."
* "Rayonierung" bedeutete die Zuordnung bestimmter Geschäfte und Warenausgabestellen an dort anwohnende und registrierte Bevölkerungsgruppen; das bedeutete, dass "rayonierte" Güter ausschließlich an den vorher festgelegten Verkaufsstellen an genau definierten Personengruppen verkauft werden durften, und das auch nur nach Vorlage der entsprechenden Bezugsscheine, "Fremde" wurden nicht bedient.
Link:
Die Wiener städtischen Kohlenbahnhöfe (Wiener Bilder vom 15. September 1918)