"Da Eingaben an die Grazer Trambahn in den Papierkorb zu wandern scheinen, bleibt nichts übrig, als den Weg der Öffentlichkeit zu betreten" stellte Ingenieur Viktor Kumpf aus Graz fest und übermittelte dem Grazer Tagblatt eine lange Liste von Problemen und Lösungsmöglichkeiten für einen optimierten Straßenbahnverkehr in der steirischen Landeshauptstadt, der am 16. März 1918 in voller Länge veröffentlicht wurde:
"In der gestrigen Gemeinderatssitzung war endlich einmal von unserer Trambahn die Rede wegen der Erhöhung der Monatskarten und wegen des Davonfahrens an den Haltestellen." In weiterer Folge listete Viktor Kumpf die aus seiner Sicht bestehenden Missstände auf: Die Linie 6 wäre überfüllt und hätte zu große Intervalle, der "Dreierzug" wäre ebenfalls überfüllt und die Linie 1 hätte eine Abfahrtszeit bei der Reiterkaserne (Leonhard Kaserne), die es Umsteigepassagieren der – sowieso immer überfüllten Linie 5 – verunmögliche den Anschluss in Richtung Hilmteich zu erreichen. Außerdem "fahren die Einserzüge regelmäßig vom Hilmteich ab, noch bevor es möglich ist, bei der Haltestelle Hilmteich der Mariatroster-Bahn aus dem Mariatroster-Zug umzusteigen. (Nichteingeweihte meinen, es handle sich um ein Konkurrenzunternehmen.) Ja selbst dann fuhr und fährt auch heute noch der Einserzug weg, wenn der Mariatroster-Zug schon steht."
Ob die Klage von Ingenieur Kumpf auf offene Ohren stieß, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Jedenfalls wurde nach dem Ersten Weltkrieg wieder in das Grazer Nahverkehrsnetz investiert, es entstanden neue Linien und 1927 wurden öffentliche Busse eingeführt, die bis an die in Graz bis 1938 bestehenden Mautstellen führten (bis März 1938 musste jedermann, auch Ausflügler, die Waren aus dem Umland nach Graz "importieren" wollten, an der Stadtgrenze Mautgeld bezahlen, um in die Stadt zu gelangen).
Links:
Unser Straßenbahnverkehr (Grazer Tagblatt vom 16. März 1918)
Weiterlesen: Mautstellen schotteten Graz ab – bis 1938