Im Ersten Weltkrieg rauchte der größte Teil der Soldaten, da Zigaretten den omnipräsenten Hunger unterdrückten und zusätzlich beruhigend wirkten. Allerdings war auch die Rauchwarenproduktion von der kriegsbedingten Mangelwirtschaft betroffen. Deshalb entschloss sich das österreichische Finanzministerium im Herbst 1917 den Verkauf von Streckungsmittel für den staatlicherseits streng reglementiert Tabak zuzulassen. Als Ersatzstoffe kamen unter anderem Rosenblätter, Buchenlaub, Spitzwegerich und Kamillen in Frage, wie der Vorarlberger Volksfreund am 16. Oktober 1917 ausführte. Zu Ende des Krieges enthielten Zigaretten zu 80 Prozent Streckungsmittel.
Der Siegeszug der billigen und leicht verfügbaren Papierzigaretten, die nach und nach Pfeifen, Schnupftabak und Zigarren verdrängten, begann in Kontinentaleuropa um 1860. Die dadurch bedingte Zunahme des Rauchens wurde deshalb schon lange vor dem Ersten Weltkrieg kontroversiell diskutiert.
Im Sommer 1890 beklagte beispielsweise der Wien-Korrespondent der New York Times, dass in Österreich nicht nur das Rauchen – außer in Theatern und Kirchen – praktisch überall zulässig wäre, sondern dass auch viele Kinder und Jugendliche rauchten: "Mittlerweile kann man zehn- bis zwölfjährige Buben an jeder Straßenecke beobachten, die ihre Papierzigaretten paffen ohne zurechtgewiesen zu werden, und man es als selbstverständlich betrachtet, dass diese ihr Taschengeld für Tabak ausgeben sollen." ("You now see boys of ten and twelve at every street corner, whiffling their paper cigar unrebuked, taking it as a matter of course that their pocket money should be spent in tobacco", New York Times vom 14. Juli 1890).
Links:
Tabakstreckungsmittel (Vorarlberger Volksfreund vom 16. Oktober 1917)
Smoking in Austria – Growth of the cigarette habit (New York Times vom 14. Juli 1890)