Am 17. Jänner 1918 veröffentlichte Das interessante Blatt ein Porträt der erst sechsjährigen Olga Reiß, Tochter eines Wiener Fotografen, die die Kunstsprache Esperanto verblüffend gut beherrschte, was sie bei einer "Vorführung" demonstrieren konnte.
Die Kunstsprache Esperanto wurde Ende des 19. Jahrhunderts vom russischen Augenarzt Ludwig Lazarus Zamenhof entwickelt. Er wollte durch die Einführung einer neuen, für alle verhältnismäßig einfach zu erlernenden Sprache, die Volksgruppenkonflikte seiner Heimat lösen. Esperanto überzeugte seine weltweit wachsende Schar von Anhängerinnen und Anhängern in erster Linie durch unkomplizierte Grammatikregeln. Bereits 1910 fand ein internationaler Esperanto-Kongress in Wien statt, ab 1917 gab es sogar ein Lektorat für Esperanto an der dortigen Technischen Hochschule. Vor allem in sozialdemokratischen Kreisen war Esperanto als Mittel der Völkerverständigung sehr beliebt und wurde in zahlreichen Brieffreundschaften intensiv gepflegt. Nach dem Ersten Weltkrieg konnte die Sprache an allen Wiener Volkshochschulen erlernt werden und wurde sogar an öffentlichen Schulen unterrichtet. Der spätere Wiener Bürgermeister Franz Jonas gehörte zu den glühendsten Verfechtern des Esperanto-Gedankens.
In der Österreichischen Nationalbibliothek gibt es ein Esperantomuseum, in dem bis heute Intensivkurse angeboten werden.
Links:
Die sechsjährige Olga Reiß (Das interessante Blatt vom 17. Jänner 1918)
Weiterlesen: Esperantomuseum Wien
Weiterlesen: Friede und Sprache – die Friedens- und die Esperantobewegung