Die Muskete veröffentlichte am 17. Oktober 1918 einige Glossen zur Zeit. Diese wurden von Rudolf Jeremias Kreutz (eigentlich Rudolf Křiž beziehungsweise Krisch) verfasst, der sich während des Ersten Weltkriegs zum Pazifisten entwickelte. In seinen Betrachtungen kritisierte er unter anderem die "Erweckung des Bestientriebs der Masse" und die daran nicht ganz unschuldigen Publizistik:
"Das Böse ist des Menschen keimfähigste Zelle. Darum ist es ein Verbrechen an der Menschheit, sie auch noch künstlich zu befruchten, wie es durch die Erziehung zum Kriege geschieht. Sache der Zukunft ist es daher, das spärliche Gute im Menschen sorgsam zu pflegen, jene aber erbarmungslos an Leib und Leben zu strafen, die den Bestientrieb der Masse wecken, um an seinen Erfolgen reich oder unsterblich zu werden."
"Ein schöner Traum: Die Publizistik aller Länder veranstaltet ein Treibjagen auf das giftige Geschmeiß der Phrase. Sie vernichtet es und der Krieg stirbt den Hungertod, da ihm mit der Phrase sein Fleischlieferant entzogen wird. Die Wirklichkeit: Die Publizistik aller Länder macht die riesenhaftesten Anstrengungen, um erprobte alte Phrasen bei Kraft und Gesundheit zu erhalten. Sie gründet aber auch Mastanstalten, in welchen durch Zufuhr von Druckerschwärze sogar unterernährte und lebensschwache Lügen zu ansehnlichem Gewicht gelangen. Das Gewürm bedeckt schließlich in unentwirrbarem Knäuel die ganze Erde, die Wahrheit unter sich zerschleimend. Der Krieg ist auf Jahre hinaus mit Futter versorgt und rülpst, ein satter Rentner, die Verzweiflung an, die ihm Vorwürfe wegen seines Heißhungers machen möchte."
Rudolf Jeremias Kreutz stammte aus dem böhmischen Roždalowitz, ging in Wiener Neustadt und in Wien in die Schule. Schon früh veröffentlichte er unter seinem Pseudonym "Jeremias" erste satirische Texte – Arthur Schnitzler sollte ihn später als "Spottdrossel unter den Lerchen des Wiener und des Grazer Waldes" bezeichnen.
Als Oberleutnant der k.u.k. Armee geriet Kreutz kurz nach Kriegsbeginn in russische Gefangenschaft. Nach seiner Flucht im Jahr 1918 ließ er sich endgültig als freier Schriftsteller in Wien nieder. Er befasste sich mit pazifistischen Themen und der Vision einer idealen Gesellschaft. Da er sich gegen den Nationalsozialismus stellte und 1933 im PEN-Club eine diesbezügliche Resolution einbrachte, wurden seine Schriften im Deutschen Reich verboten. Nach dem "Anschluss" Österreichs an Hitler-Deutschland wurde er 1938 mit einem Publikationsverbot belegt und war zeitweilig sogar inhaftiert.
Kreutz verstarb 1949 in der Villa seiner Frau Heddy Kreutz-Seiller am Grundlsee. Heute gehört die Villa zum Vermögen der "Dr. Erich Bielka-Stiftung zum Gedenken an Rudolf Jeremias Kreutz" und steht Künstlern für Arbeits- und Erholungsaufenthalte zur Verfügung. An Rudolf Jeremias Kreutz erinnert eine Gedenktafel an seiner Wiener Wohnadresse in der Neubaugasse 71.
Links:
Glossen zur Zeit von Rudolf Jeremias Kreutz (Die Muskete vom 17. Oktober 1918)
Rudolf Jeremias Kreutz (biographischer Text zu seiner Radiosendung in Radio-Wien vom 15. Februar 1929)