Am 18. August 1918 erschienen zwei durchaus originelle Werbeannoncen im Allgemeinen Tiroler Anzeiger:
"100 Kronen Belohnung – demjenigen, der nachweist, daß auch nur ein Glückspackerl den Preis von 20 Heller nicht wert ist. Restenkönig. Neben Café Katzung."
"Hausierer – finden einige billige Partien beim Restenkönig. Neben Café Katzung. Schriftliche Anfragen werden nicht beantwortet."
Tatsächlich wurde im Jahr 1914 in der Innsbrucker Herzog-Friedrich-Straße 14 unmittelbar zwischen dem bis heute bestehenden Café Katzung auf Nummer 16 und dem Weinhaus Happ ein Wäschegeschäft mit dem Namen "Zum Restenkönig" gegründet. Heute befindet sich genau an der Stelle, wo damals der Eingang des "Restenkönigs" war, nach wie vor ein Wäschefachhandel.
Gegründet wurde der "Restenkönig" von Ludwig Palmers, der ursprünglich Ludwig Perlhefter hieß, sich aber nach seiner Konvertierung vom Judentum zum Protestantismus ab 1904 Palmers nannte. Schon wenige Jahre nach der Gründung expandierte das Unternehmen in andere österreichische Städte und wurde ab 1926 unter dem Namen "Palmers und Söhne" zu einer der bis heute bekanntesten und wertvollsten österreichischen Marken.
Jüdische Österreicherinnen und Österreicher als auch Kovertierte waren bereits im späten 19. Jahrhundert antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt, die in den letzten Kriegsjahren solche Ausmaße annahmen, dass sich die jüdischen Gemeinden Österreichs im Juli 1918 dazu veranlasst sahen eine Resolution an die Regierung zu verfassen. In der Ersten Republik verschlimmerte sich die Situation allerdings weiter. Gegen Palmers beziehungsweise den "Restenkönig" gab es in Innsbruck konkrete antisemitische Kampagnen, sodass eine von Ludwig Palmers persönlich gezeichnete Anzeige im Tiroler Anzeiger vom 5. September 1923, in dem das Unternehmen versicherte, dass im "Restenkönig" nur Christen und "niemals ein Jude" beschäftigt gewesen sei, als Versuch zu werten ist antisemitischen Geschäftsboykotten zu entgehen (seit 1918 wurden sogar "deutschösterreichische", später "arische Geschäftsweiser" veröffentlicht, um jüdische Geschäftsleute oder solche mit jüdischen Wurzeln zu boykottieren).
Nach dem "Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland wurde das Unternehmen "Palmers und Söhne" auf nichtjüdische Familienmitglieder übertragen. Ludwig Palmers wurde zur Hinterlegung einer hohen Sicherheitszahlung für die "Reichsfluchtsteuer" sowie zur Zurücklegung der Gewerbeberechtigung gezwungen. Er starb 1943 in Dresden und wurde 1950 auf dem Grinzinger Friedhof in Wien begraben.
Links:
100 Kronen Belohnung (Allgemeiner Tiroler Anzeiger vom 18. August 1918)
An die Verwaltung des "Tiroler Anzeiger" und "Volksbote" in Innsbruck (Tiroler Anzeiger vom 5. September 1923)
Heute vor 100 Jahren: Resolution der jüdischen Kultusgemeinde gegen den Antisemitismus (28. Juli 1918)