Am Tag nach dem Hochfest Allerheiligen wird am 2. November in römisch-katholisch geprägten Gegenden zu Allerselen der Verstorbenen gedacht. Besonders in Wien, dessen Bevölkerung ein gewisser Hang zum Morbiden nachgesagt wird und wo sich mit dem Zentralfriedhof der zweitgrößte Friedhof Europas befindet, spielt dieser Tag eine besondere Rolle.
Die oft unbekannten, also "namenlosen" Toten, die aus der Donau bei Wien geborgen wurden, fanden bis in die 1940er-Jahre ihre letzte Ruhestätte auf dem "Friedhof der Namenlosen" im Alberner Hafen im Süden Wiens. Da sie sonst niemanden hatten, übernahmen es die Wiener Donaufischer diesen "Namenlosen" zu gedenken, indem sie alljährlich am 2. November einen Kranz der Donau übergaben. Bis heute wird dieser Brauch – mittlerweile am ersten Sonntag nach Allerseelen – gepflegt. 2018 findet die "Wasserung des Floßes" mit Gebet am 4. November um 14:00 Uhr statt.
Vor 100 Jahren erschien im interessanten Blatt ein Bericht über die Zeremonie, die im Alberner Hafen am 2. November 1918 stattfand:
"Eine schöne Sitte hat sich seit langer Zeit in Wien eingebürgert; indem man der namenlosen Toten am Tage Allerseelen gedenkt, die in den Fluten der Donau ihren Tod gefunden. Jahr um Jahr, wenn in der Natur das Leben erlischt und grau die Nebel durchs Land ziehen, gedenken die Menschen am Allerseelentage ihrer Toten, suchen sie bei ihren Gräbern auf und bleiben bei ihnen in stiller Andacht. Die Freunde und Verwandten gehen da zu ihren Toten. Der vielen Namenlosen aber, die aus Lebensüberdruß, im Dienste der Pflicht oder im Kriege in den Wellen der Donau den Tod gefunden, dieser Toten gedenkt in Wien ein kleiner Verein, der Wiener Sparverein der Donaufischer, und alljährlich am Allerseelentage legt er im Beisein einer kleinen Gemeinde einen Kranz auf die Wellen, die dann die Blumen stromabwärts tragen. Auch heuer ist der Verein mit einem großen Blumengewinde hinab zur Donau gegangen und hat nach einem kurzen Gebet den Kranz, der die Aufschrift des Vereines und die Bitte trägt, die Blumen dem Strome zu lassen, der Donau gegeben. Und nun wandert der Kranz stromabwärts und bringt jenen Opfern, die am Grunde des Flusses ruhen, das Gedenken einer Schar von Menschen, die in der alten Wienerstadt am Allerseelentage auch ihrer nicht vergessen haben."
Links:
Allerseelenfeier an der Donau (Das interessante Blatt vom 14. November 1918)
Heute vor 100 Jahren: Das Allerseelenfest 1917 (4. November 1918)
Weiterlesen: Website des Friedhofs der Namenlosen in Wien