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Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

2. Oktober 1918

Italienische Kriegsgefangene in Österreich
"Wie es den Feinden bei uns ergeht" (italienische Kriegsgefangene in einem österreichischen Lager); © Neuigkeits-Welt-Blatt vom 2. Oktober 1918

Am 2. Oktober 1918 berichtete das Neuigkeits-Welt-Blatt von einem Lager für italienische Kriegsgefangene und darüber wie gut die österreichisch-ungarischen Behörden diese Gefangenen behandle. Anderslautende Behauptungen, so die österreichische Militärpropaganda, wären Falschmeldungen, insbesondere solche aus den Ländern der Kriegsgegner:

"Eines der meist verwendeten Propagandamitteln in den Ententeländern sind die wiederholt gekennzeichneten Lügen, die über die Verpflegung feindlicher Kriegsgefangener in den Gefangenenlagern der Mittelmächte verbreitet werden. Es kursieren in dieser Hinsicht die unglaublichsten Gerüchte, bei deren Lektüre man glauben könnte, daß die in solchen Lagern Internierten ein wahres Martyrium durchzumachen haben und daß ihr ganzes Leben eine Kette von unerträglichen Leiden und Beschwerden bilde. Diese, in tendenziöser Weise verbreiteten, bewußt unwahren Nachrichten werden in den Ententeländern nur zu gern geglaubt, da ja die öffentliche Meinung über die Moral in Oesterreich-Ungarn und Deutschland schon seit langer Zeit planmäßig vergiftet wurde und demgemäß solche Lügen leider auf unfruchtbaren Boden fallen. Demgegenüber gibt es kein besseres Mittel, als an der Hand photographischer Aufnahmen den Beweis zu erbringen, wie sich eigentlich das Leben und Treiben in einem solchen Kriegsgefangenenlager abspielt, und unser heutiges Titelbild zeigt nach Aufnahmen der Lichtbildstelle des Kriegspressequartiers Szenen in einem derartigen Aufenthaltsort von Italienern in unsrer Monarchie. Das Hauptbild läßt uns einen Blick in die Lagerkirche tun, wo eben die Kriegsgefangenen einem Gottesdienst beiwohnen, und das kleinere Bild veranschaulicht eine Probe des Lager-Orchesters, ein Beweis dafür, daß die Gefangenen sogar auf musikalische Genüsse nicht zu verzichten brauchen. Wir, die wir wissen, wie es den Feinden bei uns ergeht, könnten nur wünschen, daß in den Entente-Staaten ebenso für die Kriegsgefangenen gesorgt werden möge wie bei uns."

Tatsächlich war die Situation für die Kriegsgefangenen in Österreich-Ungarn aber extrem schlecht. Der Großteil der Gefangenen, ausgenommen Offiziere, wurde zur Zwangsarbeit eingesetzt, war einer verheerenden Unterernährung ausgesetzt und dadurch sehr anfällig für Krankheiten. Allerdings waren alle kriegführenden Länder mit der Masse an Kriegsgefangenen überfordert; besonders Russland hatte mit der Versorgung der Kriegsgefangenen große Probleme. Der Kriegsgefangenenaustausch, der während des Krieges im Westen über die neutrale Schweiz und im Osten über das neutrale Schweden abgewickelt wurde, war eine der Maßnahmen, um die Anzahl der zu versorgenden Gefangenen hüben wie drüben zu verringern.

Links:
Wie es den Feinden bei uns ergeht (Neuigkeits-Welt-Blatt vom 2. Oktober 1918)
Heute vor 100 Jahren: Der Austausch von Kriegsgefangenen  (16. November 1917)
Weiterlesen: Der Mythos von der besseren Gefangenschaft

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