Vor hundert Jahren ereignete sich – in dem an Gewaltverbrechen reichen Jahr 1918 – ein grauenhafter Mord an dem Wiener Stubenmädchen Maria Drda, die als Findelkind vom Gastwirt Vinzenz Wurm groß gezogen wurde. Als der Ziehvater Drdas das Verschwinden der jungen Frau bemerkte, erstattete er eine Vermisstenanzeige. Bald wurde der 61-jährige Hundemaulkorb-Erzeuger Josef Fischer eines Gewaltverbrechens an Maria Drda verdächtigt. Maria Drda kannte Fischer bereits von Kindestagen an, denn letzterer war Stammgast im Gasthaus ihres Onkels. Nach einem Streit mit ihrem Onkel wandte sich Maria Drda an eben diesen Josef Fischer und übergab ihm sogar ihre Sparkassenbücher zur Verwahrung.
Josef Fischer, der sich im kriegsbedingten Schleichhandel betätigte, der ihm aber zu wenig einträglich erschien, beschloss Drdas Ersparnisse an sich zu bringen. Allerdings ging Fischer dabei nicht besonders geschickt vor: er fälschte Drdas Sparbücher und nahm die echten an sich. Als Maria Drda den Schwindel erkannte und ihr Geld zurückforderte, sollte das ihr Schicksal besiegeln. Die Illustrierte Kronen-Zeitung berichtete 2. September 1918:
"Die unterschlagenen Gelder hat Fischer seinem Geständnisse zufolge im kleinen Lotto und für Klassenlose verausgabt. Er hoffte immer wieder, doch einmal einen Treffer zu machen, sich damit aufzuhelfen und dann auch die Unterschleife gutmachen zu können. Der Treffer wollte sich aber nicht einstellen und in Fischer stieg allmählich die Furcht auf, dass die Drda ihm auf seine Lumpereien kommen könnte […] Das schwindende Vertrauen des Mädchens ließ nun den Plan in dem Manne reifen, die Unglückliche zu beseitigen, um so mehr, als Marie Drda schließlich auch das zweite Sparkassabuch, für das sie ihm im Laufe der Zeit die Summe von 9.500 Kronen [4.696 Euro] übergeben hatte, zurückverlangte […] Die Vorbereitungen zum Morde hat Fischer sorgsam und mit schlauer Ueberlegung getroffen. Seine Frau überredete er, zu ihrer Mutter nach Tystin zu fahren, um Lebensmittel zu holen […]. Dann traf er alle Vorbereitungen für die Tat […] Er holte aus der Küche eine scharfe Hacke und legte sie unter dem Tischchen im Wohnzimmer zurecht. Ehe die Drda kam, war Fischer noch im Hotel 'Wilhelmshof' gewesen und hatte dort mitgeteilt, die Drda werde längere Zeit nicht in den Dienstplan zurückkehren, da ihre Mutter im Sterben liege. Vom Hotel kehrte er zurück und bald danach kam die Drda in die Wohnung […] Kaum hatte sie zu schreiben begonnen, als Fischer heimlich die Hacke unter dem Tisch hervornahm und von der Seite aus einen Hieb gegen ihre linke Schläfe führte. Dar Hackenhieb trennte ihr die linke Ohrmuschel ab, und das Mädchen sank bewußtlos zu Boden. Gegen die auf dem Boden Liegende führte er mit der Hacke noch mehrere Hiebe, bis er sah, dass sie tot war."
Fischer zerstückelte den leblosen Körper, um ihn unter dem Lehmboden des Kellers seines Hauses in der Haslingergasse 74 in Wien-Ottakring zu verscharren. Die Illustrierte Kronen-Zeitung:
"Die Küche und das Zimmer, deren Fußboden mit Blut bedeckt waren, hatte er schon am Donnerstag nach der Tat ausgewaschen. Aber die Blutflecken hatten sich immer wieder auf dem Boden gezeigt. Deshalb hat er am Freitag den Fußboden des Zimmers lackiert."
Als die Polizei Fischers Wohnung durchsuchte wurden ihm Blutflecken, die er übersehen hatte, zum Verhängnis. Über das weitere Schicksal Drdas, dem im Zuge der gerichtlichen Untersuchungen ein zweiter Mord nachgewiesen werden konnte, den er im Alter von 17 Jahren begangen hatte, ist nichts weiter bekannt. Seine Spuren verlieren sich in den Wirren des Zusammenbruchs Österreich-Ungarns im November 1918.
Links:
Der Mädchenmord in Hernals (Illustrierte Kronen-Zeitung vom 2. September 1918)
Heute vor 100 Jahren: Der Blaubart von der Brigittenau – Morde in Wien im Jahr 1918 (13. Juni 1918)