Vor hundert Jahren am 20. April 1918 starb der beliebte Wiener Schauspieler Alexander Girardi.
"In den Abendstunden des vorgestrigen Tages durcheilte Wien die Trauerkunde: Girardi ist gestorben. Wohin sie drang, erweckte sie tiefe Teilnahme und das Gefühl: Wien habe einen kostbaren Besitz verloren."
Alexander Girardi kam am 5. Dezember 1850 in der Leonhardstraße 28 in Graz auf die Welt. Entgegen des Wunsches seines Stiefvaters, der für ihn eine Schlosserlehre vorgesehen hatte, widmete sich Girardi schon früh dem Bühnenhandwerk, brachte sich heimlich das Singen bei und trat in einer Laienspielgruppe auf. Erst nach dem Tod seines Stiefvaters 1868 wandte er sich gänzlich dem Theater zu.
"Auch als Schauspieler hatte er niemals einen eigentlichen Unterricht empfangen. Wie bekannt, debütierte der achtzehnjährige Schlossergehilfe im Juni 1869 in Rohitsch-Sauerbrunn resolut als Tratschmirl in, Nestroys 'Tritsch-Tratsch' mit Erfolg, spielte dann in den Theatern von Krems, Karlsbad, Ischl und Salzburg, worauf er ein Engagement am Strampfer-Theater in Wien erhielt. Hier drückte ihn zunächst die Beliebtheit Schweighofers und er machte seinen Weg langsam, bis sein Ruf als vorzüglicher Coupletsänger, den er sich durch Produktionen in Künstlervereinigungen erworben hatte, seine Berufung an das Theater an der Wien zur Folge hatte, wo sein Glücksstern hell aufleuchtet, als er zum erstenmal den Walzer 'Nur für Natur' in der Johann Straußschen Operette 'Der lustige Krieg' mit außerordentlichem Beifall sang und seine originelle Spielweise das Publikum entzückte."
Das Privatleben des beliebten Künstlers war von einigen Schwierigkeiten geprägt und um ein Haar wäre er im Zuge einer Intrige in eine Nervenheilanstalt gesperrt worden: "Girardi war bekanntlich zweimal verheiratet. Seine erste Gattin war Helene Odilon, die ihn mit dem seither verstorbenen Baron Rothschild schmählich betrog und ihn dann, als er sie zur Rechenschaft ziehen wollte, von der Rettungsgesellschaft ins Irrenhaus bringen lassen wollte, was nur durch das Eingreifen der Hofschauspielerin Frau Schratt verhindert werden konnte. Tagelang mußte sich Girardi bei seinem Freund Schreiber verborgen halten, um sich vor den Plänen der Odilon zu retten." Dieser Vorfall war der Anlass dafür, dass Einweisungen in geschlossene Anstalten in Österreich nur mehr auf richterlichem Beschluss erfolgen dürfen.
Im Februar 1918, zwei Monate vor seinem Tod, hatte Alexander Girardi ein spätes Burgtheaterdebüt als Fortunas Wurzel in Ferdinand Raimunds "Der Bauer als Millionär". Nachdem ihm am 12. April im Sanatorium Low aufgrund seiner Diabeteserkrankung ein Bein amputiert werden musste, verstarb Girardi am 20. April um 5 Uhr morgens. Am 24. April wurde der zum Protestantismus konvertierte Schauspieler am Wiener Zentralfriedhof in einer schlichten Zeremonie bestattet.
Links:
Alexander Girardi † (Neuigkeits Welt Blatt vom 23. April 1918)
Heute vor hundert Jahren: 16. Februar 1918
Film: Alexander Girardi – Rauschlied aus "Künstlerblut"