Am Vormittag des 20. Dezember 1917 fand die Versteigerung des in der Wiener Skodagasse gelegenen und 1914 errichteten Stadttheaters statt. Neuer Eigentümer wurde Wilhelm Karczag, der bereits das Theater an der Wien und das Raimundtheater erfolgreich als Operettenbühnen betrieb – unter Karczags Führung erlebte die Operette in Wien eine ihrer Glanzzeiten. Dementsprechend schrieb das Neuigkeits Welt Blatt am Tag der Übernahme des Theaters: "Der neue Eigentümer wird – 'natürlich' kann man sagen – daraus ein Operettentheater machen, weil die Operette das Wiener Theaterleben nahezu souverän beherrscht." Der Operettenbetrieb konnte aber nicht sofort aufgenommen werden, da der "schrullenhafte" Zuschauerraum in "seinen Grautönen" erst adaptiert werden sollte: "Man nannte das Theater vielfach 'Badewanne' oder 'Kriegsschiff.'"
Das Theater wurde 1945 von der amerikanischen Besatzungsmacht als "Rex-Theater" genutzt; später fanden dort Fernsehaufzeichnungen des Österreichischen Rundfunks statt. Als in den 1960er Jahren das Wiener Theatersterben einsetzte, wurde das Stadttheater 1961 abgerissen und durch ein Studentenheim ersetzt, in dem sich bis 2003 auch das "Haus des Buches" befand (heute die Wiener Hauptbücherei am zentral gelegenen Neubaugürtel). Wilhelm Karczags Name lebt aber weiter, da ein Weg in Wien-Hietzing und eine Gasse in Wien-Donaustadt nach ihm benannt sind.
Link:
Versteigerung des Wiener Stadttheaters (Neuigkeits Welt Blatt vom 20. Dezember 1917)