Anfang 1919 stand eine gewisse Johanna K., wie sie im Amtsblatt der Wiener Zeitung benannt wurde, vor Gericht, da sie sich an Diebstählen beteiligt hatte. Am 20. Jänner 1919 ärgerte sich die Illustrierten Kronen-Zeitung aber nicht über das diebische Verhalten der Angeklagten, sondern über etwas ganz anderes:
"Es geschieht zum erstenmal, daß das Amtsblatt in so zartfühlender Weise den Namen einer beschuldigten Person verschweigt. […] Jedenfalls bedeutet die Einführung der Anfangsbuchstaben eine Neuerung, von der man abwarten muß, ob sie sich als dauernde Einrichtung bewährt. […] Es wird vielleicht nicht so weit kommen, daß man von einem Mädchenmörder Hugo Sch. schreiben wird, um den Namen Schenk nicht zu veröffentlichen. Aber anderseits gibt es unter jenen Menschen, deren Namen in Kundmachungen veröffentlicht wird, gewiß hunderte von Personen, die dasselbe Anrecht auf Schonung haben wie Johanna K., deren Name so ängstlich geheimgehalten wird […] Vielleicht ist es nur ein Versuch, der bei dieser geheimnisvollen Johanna probeweise gemacht wurde, der aber nimmer wiederkehren wird."
Aus heutiger Sicht ist es kaum vorstellbar, dass bis weit in die 1980er Jahre oft nicht nur die vollen Namen, sondern sogar die Adressen von Personen, über die berichtet wurde, veröffentlicht wurden. Das weltweite erste Datenschutzgesetz wurde erst 1970 im deutschen Bundesland Hessen verabschiedet. In Österreich dauerte es etwas länger: heute bildet das Datenschutzgesetz aus dem Jahr 2000 hierzulande die Rechtsgrundlage für den Datenschutz.
Der im Artikel genannte Hugo Schenk genoss, wie die meisten Personen damals, natürlich keinen Datenschutz. Gemeinsam mit seinem Komplizen Karl Schlossarek hatte Schenk 4 Frauenmorde verübt und wurde dafür am 22. April 1884 im Wiener Landesgericht hingerichtet. Durch seine Taten brachte er es aber auf eine gewisse Berühmtheit und wurde sogar in einem Wiener Lied von Kurt Sowinetz und Helmut Qualtinger besungen: "Die Mädchenmörder Hugo Schenk & Karl Schlossarek."
Links:
Das Vermögen der "Johanna K." Wer ist der rechtliche Eigentümer? (Illustrierte Kronen Zeitung vom 20. Jänner 1919)
Weiterlesen: Die Mädchenmörder Hugo Schenk & Karl Schlossarek (Tondokument)