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Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

21. März 1918

Villach 1917: Arbeiterinnen in der "Nähstube III"
Villach, Juni 1917: Arbeiterinnen in der "Nähstube III"; © Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv

"Die Regierung hat heute im Abgeordnetenhaus die Vorlage über die allgemeine Arbeitspflicht im Kriege eingebracht, womit sie ihr Versprechen der Entmilitarisierung der Betriebe zu erfüllen vermeint."

Die Arbeiter Zeitung vom 21. März 1918 beschäftigte sich kritisch mit dem Gesetzesentwurf für die allgemeine Arbeitspflicht im Krieg für Männer vom 17. bis zum 60. Lebensjahr und Frauen vom 19. bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres:

"Der Krieg hat an die Stelle des freien Arbeitsvertrages ein militärisch geordnetes Zwangsverhältnis gesetzt. Zuerst trat mit Kriegsbeginn das Kriegsleistungsgesetz vom Jahre 1912 in Wirksamkeit. Dann wurde durch drei §14-Verordnungen das dadurch geschaffene Zwangsverhältnis noch erweitert und ausgebaut. Und als ob all das noch nicht genügte, hat man schließlich in vielen Betrieben die Arbeiter als Landstürmer einberufen und sie zur Besorgung der Arbeit kommandiert, so daß sie jetzt, aller bürgerlichen Rechte beraubt, unter dem harten Zwange des Kriegsrechtes ihre Arbeit versehen müssen. So sind die Arbeitsverhältnisse schließlich unerträglich geworden."

Empfanden zwangsverpflichtete Arbeiterinnen und Arbeiter die Arbeitsverhältnisse in ihren Betrieben als nicht tragbar, konnten sie Beschwerde einlegen. Einem Betriebswechsel musste allerdings die "Beschwerdekommission" veranlassen, die aus zwei Beamten, einem Richter, einem Offizier und je vier Vertretern der Arbeiterschaft sowie des jeweiligen Unternehmens bestand.

"Die Arbeiterschaft interessieren vor allem diejenigen Bestimmungen des Gesetzentwurfes, welche sich auf die Betriebe der Kriegsindustrie beziehen; die Vorlage nennt sie 'Pflichtbetriebe'. Wir wollen uns diese Bestimmungen etwas näher ansehen. In den 'Pflichtbetrieben' ist der Arbeiter auch jetzt an den Betrieb gefesselt. Er kann nur mit Zustimmung der Beschwerdekommission den Betrieb verlassen und die Beschwerdekommission muß ihm diese Zustimmung nur dann geben, wenn einer der Gründe vorliegt, die den Arbeiter nach der Gewerbeordnung zum Austritt ohne Kündigung berechtigen."

Verweigerte man die Arbeitspflicht, konnte der Vorsitzende der Beschwerdekommission (später "Betriebsarbeitskommission") Arreststrafen verhängen: "Wer nämlich die Leistung der ihm aufgetragenen Arbeit verweigert, seine Arbeitspflicht beharrlich vernachlässigt oder ohne Ursache von der Arbeit fernbleibt, soll mit Arrest bis zu sechs Monaten bestraft werden können, und diese Strafe soll der Vorsitzende der Betriebsarbeitskommission verhängen."

Link:
Das Hilfsdienstgesetz (Arbeiter Zeitung vom 21. März 1918)

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