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Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

22. Dezember 1917

Horn, Niederösterreich: Straßenbild mit Florianibrunnen und Georgskirche
Horn, Niederösterreich: Straßenbild mit Florianibrunnen und Georgskirche im Hintergrund, um 1910; © Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv

Die katholische Kirche spielte in Österreich während der Herrschaft der Habsburger eine wichtige, oft staatstragende und gesellschaftlich fast unbestrittene Rolle. Während des Ersten Weltkrieges stellte sie sich hinter die Regierung und unterstützte die Armee mit zahlreichen Feldgeistlichen. In anderen Ländern verhielt es sich allerdings ähnlich: die französische Kirche sah die Chance gegen das protestantische Deutschland vorzugehen, in Deutschland war es genau umgekehrt, während im mehrheitlich katholischen Bayern sogar der damalige Kardinal Faulhaber in den Krieg ziehen wollte.

Umso erstaunlicher mutet eine kleine Episode aus dem niederösterreichischen Horn an, über die am 22. Dezember 1917 berichtet wurde: "Wir erinnern uns noch, daß ein früherer Stadtpfarrer einmal einen Lehrer, der nicht niederkniete, als er einen Versehgang verrichtete, arg verbögelte und mit der Schädigung in seiner beruflichen Stellung bedrohte. Damit hat es nun sein Ende!" Ein ähnlicher Fall hatte sich nämlich im Verlauf des Jahres 1917 in Eger (heute Cheb in der Tschechischen Republik) zugetragen, wo ein Lehrling, der sich weigerte seine Kappe abzunehmen, zu 5 Tagen Haft verurteilt worden war. Der Lehrling berief und bekam Recht. In der Begründung für die Urteilsaufhebung hieß es, "daß es allerdings richtig sei, daß der Versehgang, das Tragen der Hostie auf der Straße eine kirchliche Handlung darstelle, eine religiöse Übung bedeute, das Entblößen des Hauptes sei aber eine Teilnahme an dieser und nach den Staatsgrundgesetzen könne niemand zu einer religiösen Handlung bzw. Teilnahme an derselben gezwungen werden." Voll des Lobes stellte die Österreichische Land-Zeitung abschließend fest: "Und es ist gut so, denn ein Glaubenszwang ist zu verwerfen und zu bekämpfen." (Hervorhebung im Original)

Eine christliche Friedensbewegung sollte erst nach Ende des Weltkrieges entstehen, denn kirchliche Stimmen, die sich für den Frieden einsetzten waren leise, wurden von den verschiedenen Kriegsparteien verworfen und oft sogar als defätistisch kritisiert. Sogar der konsequent pazifistische Papst Benedikt XV, der den Krieg als "unnützes Blutvergießen" bezeichnete und zahlreiche Friedensinitiativen unternahm, stieß in den kriegsführenden Staaten auf taube Ohren. Seine Bemühungen für den Frieden wurden allerdings schon unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs beispielsweise in Istanbul mit einem Denkmal im Stadtteil Harbiye gewürdigt, für das sogar der osmanische Sultan spendete.

Links:
Religiöses Gefühl und Glaubenszwang (Österreichische Land-Zeitung vom 22. Dezember 1917)
Weiterlesen: Papst Benedikt XV. und das "unnütze Blutbad"

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