Das Neue Wiener Journal beschäftigte sich am 22. Februar 1918 unter dem Titel "Glatzen" mit den verschiedenen Formen männlichen Haarausfalls, wobei der gepflegten Vollglatze gegenüber dem Toupet eindeutig der Vorzug gegeben wurde: "Während die gepflegte Glatze wie eine im Sonnenlicht auffunkelnde Ebene erscheint, macht die ungepflegte Glatze mit ihren wenigen kümmerlichen Härchen, die sich nur streckenweise vorfinden, den Eindruck eines aufgewühlten Beetes, bei dem man vergessen hat, das Unkraut auszujäten. (…) Es ist vollkommen überflüssig, besonders zu erwähnen, daß die meisten Toupets die unangenehme Eigenschaft haben, zu rutschen und die Glatze meist in viel unliebsamerer Weise demonstriert wird, als wenn die Bekannten sie gewohnt wären."
Man konnte der Glatze allerdings auch vorbeugen, indem man frühzeitig zur Pomade der in der ganzen Monarchie berühmten Anna Csillag (die mit den damals oft zitierten "Riesen-Loreleyhaaren") griff. In praktisch jeder Tageszeitung der Monarchie konnte man ein Abbild Anna Csillags mit folgendem Text finden: "Ich Anna Csillag mit meinen 185 cm langen Riesen-Loreleyhaar, habe solches infolge 14monatlichen Gebrauches meiner selbsterfundenen Pomade erhalten. Dasselbe ist als das einzige Mittel gegen Ausfall der Haare, zur Förderung des Wachstumes derselben, zur Stärkung des Haarbodens anerkannt worden, sie befördert bei Herren einen vollen kräftigen Bartwuchs und verleiht schon nach kurzem Gebrauche sowohl dem Kopf- als auch Barthaar natürlichen Glanz und Fülle und bewahrt dieselben vor frühzeitigem Ergrauen bis in das höchste Alter."
Das Wundermittel der Anna Csillag wurde "aus der Fabrik" am Wiener Kohlmarkt 11 in die ganze Welt versendet. Anna Csillag starb 1940 87-jährig in ihrem ungarischen Geburtsort Zalaegerszeg, während die im Zweiten Weltkrieg "arisierte" und in der Nachkriegszeit an die Erben restituierte Firma "Anna Csillag" bis zum Jahr 1982 Bestand hatte.
Links:
Glatzen (Neues Wiener Journal vom 22. Februar 1918)
Weiterlesen: Ich, Anna Csillag – ein k. k. Marketingstar