Die Wiener Abendpost berichtete am 23. Dezember 1923 über das Eintreffen der Vorhut der italienischen Waffenstillstandskontrollkommission in Wien, die auch vereinfachend als "Militärmission" bezeichnet wurde:
"Im Staatsamte für Heerwesen erschien heute eine vom italienischen Armeeoberkommando entsendete Kommission, bestehend aus Major Pentimalli und Oberleutnant Zileri, zu dem Zwecke, die Vorbereitungen für die Unterkunft einer italienischen Militärmission zu vereinbaren. Diese Mission wird aus 25 Offizieren und 112 Mann bestehen und hat den Zweck, die Durchführung der Waffenstillstandsbedingungen in den Ländern des ehemaligen Österreich (mit Ausschluß Ungarns) zu überwachen. Sie wird unter Leitung des Generals Segre stehen und ihren ständigen Sitz in Wien haben. Die italienischen Offiziere wurden im Staatsamte für Heerwesen in Vertretung des abwesenden Staatssekretärs von den Unterstaatssekretären Dr. Deutsch und Dr. Waiß empfangen, die mit ihnen die nötigen Vereinbarungen trafen."
Diese von General Roberto Segre bis Jänner 1921 geleitete Militärmission war in mehrere Kommissionen gegliedert, die verschiedene Aufgaben hatten: unter anderem befasste sich eine Kommission mit der Übernahme von Urkunden und Akten, die die von Italien im Krieg erworbenen Gebiete betrafen oder eine andere mit der Restituierung von Kunstwerken, die während des Krieges aus den vorübergehend von k.u.k. Truppen besetzten italienischen Städten beziehungsweise aus den nun italienisch gewordenen Orten weggebracht wurden.
Darüberhinausgehend verlangte die italienische Regierung aber auch die die "Restitution" von Kunstwerken italienischer Herkunft in österreichischen Sammlungen, insbesondere aus dem Kunsthistorischen Museum und der heutigen Nationalbibliothek. Da die österreichische Regierung dem nicht nachkommen wollte, schritt die italienische Militärkommission auf Befehl Segres zur gewaltsamen und völkerrechtswidrigen Beschlagnahme verschiedener Kunstwerke und anderer historischer Objekte. Erst im Staatsvertrag von St. Germain 1919 wurde die Frage des Eigentums an Objekten historischen Interesses zwischen der Republik Österreich und den Nachfolgestaaten der Monarchie rechtlich geregelt und Italien dazu gezwungen zumindest einige der beschlagnahmten Kulturgüter zu retournieren.
Links:
Deutschösterreich (Wiener Abendblatt, Beilage zur Wiener Zeitung vom 23. Dezember 1918)
Weiterlesen: Yves Huguenin-Bergenat, Kulturgüter bei Staatensukzession. Die internationalen Verträge Österreichs nach dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie im Spiegel des aktuellen Völkerrechts, Berlin, New York, 2010