Am 24. Juli 1918 rief die in Villach erscheinende Karnisch-Julische Kriegszeitung dazu auf die Kärntner Seidenbauaktion tatkräftig zu unterstützen:
"Mit besonderer Freude und Genugtuung begrüßen wir die zur Einführung des Seidenbaues in Kärnten erfolgten einleitenden Schritte der maßgebenden Behörden, welche die Kommandierung unseres Kameraden Ing. Jonas (Chemnitz), aus dem Felde nach Klagenfurt bewirkt haben. Dort verfolgt er mit aufopfernder Arbeitsfreudigkeit, Ausdauer und Umsicht sein sich gestecktes Ziel und gründete die von ihm geleitete Kärntner Seidenbauaktion, welche der Kriegsinvalidenschule in Klagenfurt angegliedert wurde. Zur Zeit werden dort rund 300.000 Seidenraupen gezüchtet und wird die Besichtigung dieser sehenswerten Musteranlage mit ihrem Großbetriebe jedermann Wärmstens empfohlen. Da diese Aktion in der denkbar humansten Weise den Nationalreichtum Kärntens zu heben ebenso bestrebt ist, als sie Kriegsfürsorgezwecken dient, wäre die weitgehendste Unterstützung durch die Allgemeinheit sehr zu begrüßen. Allfällige Anfragen und freiwillige Zuwendungen wollen direkt an die Kärntner Seidenbauaktion in Klagenfurt gerichtet werden."
Tatsächlich begann der Ingenieur Jonas-Chemnitz im Jahr 1916 in Klagenfurt mit Seidenzuchtversuchen, für die Kriegsinvalide beschäftigt wurden. Während die Zentrale im Haus Viktringer Ring 3, erster Stock, untergebracht war, fand die Seidenraupenzucht in einer dem "k.u.k. Militärärar" gehörenden Großbaracke statt, die sich an der Ecke Bahnhofstraße und Gabelsbergergasse befand. Das Hauptproblem der hoffnungsfrohen Seidenspinner war allerdings die Herbeischaffung von ausreichend Futter für die Seidenraupen, die auf das Laub von Maulbeerbäumen angewiesen sind. Im Klagenfurter Umland wurden aber während des Kriegs zahlreiche Maulbeerbäume zu Brennholz verarbeitet und hinsichtlich der verbliebenen Maulbeerbäume mussten Ingenieur Jonas-Chemnitz und seine Mitarbeiter Entlaubungsbewilligungen von den jeweiligen Eigentümer einholen.
Nutzbare Maulbeerbaumbestände befanden sich unter anderem entlang der damaligen Laibacherstraße, auch als "Rottauer-Allee" bekannt, heute Rosentalerstraße, auf Höhe der "Kaiser-Franz-Joseph-Arbeiter-Häuser" (Rosentalerstraße 37-39), bei der 2010 teilweise demolierten Waisenhauskaserne, am Gut Freyenthurn, am Gelände der "Schleppe"-Brauerei oder im Garten der evangelischen Kirchengemeinde am Klagenfurter Lendhafen.
Der Versuch im Ersten Weltkrieg heimische Seide zu produzieren, um nicht vom Ausland abhängig zu sein, war einer der letzten in einer Reihe schlussendlich erfolgloser Versuche. Erstmals wurde die Seidenzucht von Kaiserin Maria Theresia propagiert, während der industriellen Revolution Mitte des 19. Jahrhunderts gab es erneute Versuche – die Wiener "Seidengasse" erinnert noch daran. Da sich Anfang des 20. Jahrhunderts rasch Kunstfasern durchsetzten, blieben schließlich auch die Seidenzuchten des Ersten Weltkrieges erfolglos und mussten bald den Betrieb einstellen.
Links:
Seidenbauaktion in Klagenfurt (Karnisch-Julische Kriegszeitung vom 24. Juli)
Seidenbau in Klagenfurt (Freie Stimmen vom 9. Juni 1918)
Weiterlesen: Heimische Seidenzucht: Vielfach versucht, vielfach gescheitert