Die durch den Kriegsdienst freiwerdenden Arbeitsplätze der Männer boten den Frauen die Chance auf ein eigenes Einkommen, auf Unabhängigkeit und Gleichberechtigung. Frauen ersetzten nun die Männer in Zivilberufen als Tramwayfahrerinnen, Briefträgerinnen, Kraftwagenführerinnen, Schaffnerinnen oder Straßenarbeiterinnen, hatten aber praktisch keine politischen Rechte.
Dies führte am 24. März 1918 am Frauentag in der Volkshalle des Wiener Rathauses zu heftigen Debatten: "Die Versammlung war sehr erregt. Begreiflicherweise war im vierten Kriegsjahr der Frauentag nicht der Platz für eine theoretische und wissenschaftliche Erörterung des Frauenwahlrechtes und seiner Notwendigkeiten, er mußte zu einem Widerklang der Stürme werden, die in der Welt toben und die Seele jeder Frau erbeben machen. Gesprochen wurde nicht nur von der Tribüne herab. Es hat wenige Versammlungen gegeben, die so sehr von Rufen der Zuhörer erfüllt waren wie diese. Was die Menschen in den vier Kriegsjahren an Ungemach getroffen hat, rang nach Ausdruck und die Bitterkeit der Empfindungen drängte nicht die sanftesten Worte auf die Lippen. Oft hatten die Redner Mühe, die Rufe der Zuhörerinnen zu übertönen."
Die österreichische Frauenrechtlerin und sozialdemokratische Politikerin Adelheid Popp brachte den Standpunkt der Frauentagsversammlung auf den Punkt: "Zum Wählen zu dumm – zum Arbeiten gescheit genug. Als Männerersatz haben Frauen überall Verwendung gefunden, wo menschliche Arbeit gebraucht wird. Schweres und Unmenschliches haben die arbeitenden Frauen im Krieg erduldet!"
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Der Frauentag (Arbeiterzeitung vom 26. März)