Der Weltkrieg befördertet die politische Emanzipierung der Frauen Österreichs, die im Hinterland – zumeist schlecht bezahlt – die Aufgaben der Männer übernommen hatten. Einer ihrer wortgewaltigsten Unterstützer war der Gastwirt der Wiener Praterwirtschaft "Winzerhaus", Leopold Blasel, der auch als Schauspieler und Theaterdirektor wirkte, und von 1912 bis 1918 sozialdemokratischer Bezirksvorsteher der Wiener Leopoldstadt war.
Am 25. Dezember 1917 forderte Blasel in einem leidenschaftlichen Leserbrief an die Neue Freie Presse das aktive und passive Frauenwahlrecht. Er verwies in seinem Text mit dem Titel "Die Frau nach dem Kriege" insbesondere auf die erfolgreiche Übernahme früher männlich dominierter Berufe durch Frauen während des Krieges und auf deren nicht nur aus diesem Grund ungerechtfertigten Ausschluss von politischen Ämtern und Vereinen:
"Die Frau darf und kann – das hat sie ja zur Genüge bewiesen – alle Funktionen im wirtschaftlichen Leben ausfüllen, aber trotzdem bleibt ihr zum Beispiel das hohe Amt eines Armen- oder Bezirksrates verschlossen, vom Gemeinderat oder Reichsrat gar nicht zu sprechen, ja selbst einem politischen Verein dürfen Frauen nicht angehören. Sie dürfen nicht einmal mitberaten über die Auswahl jener Männer, die über ihr Wohl und Wehe entscheiden, die sie in der Öffentlichkeit vertreten sollen, und darüber, wie sie sie zu vertreten haben. Es erscheint vollkommen ausgeschlossen, dass nach dem Kriege dieser Ausschluß der Frauen von der öffentlichen Verwaltung fortbestehen bleibt, und man wird wohl nicht umhin können, auch diesen Miterhaltern des Staates das aktive und passive Wahlrecht zu gewähren. Wenn die Frau schon in Folge ihrer Natur schwerer an den Pflichten trägt als der Mann, sollten ihr wenigstens die gleichen Rechte eingeräumt werden." (Hervorhebungen im Original)
Siehe dazu auch den Beitrag vom 23. Dezember 1917.
Link:
Die Frau nach dem Kriege (Neue Freie Presse vom 25. Dezember 1917)