Am 26. August 1918 berichteten die Innsbrucker Nachrichten über einen besonders makaberen Aberglauben – dass nämlich einem Strick, mit dem ein Verbrecher hingerichtet wurde, ein starker Zauber innewohne:
"Angesichts der Hinrichtung Rahners in Graz haben sich manche Leute an den früheren Brauch erinnert, daß mit dem Strick des Gehängten früher ein schwungvoller Handel getrieben wurde. Abergläubische Leute rissen sich geradezu um ein Stückel des Strickes, dem ein gewisser Zauber innewohnen soll. Man hätte bei den heute üblichen Bräuchen erwarten können, daß bei dem Strickhandel eine arge Preistreiberei einreißen werde. Dem beugte aber der Scharfrichter Lang vor, indem er den Strick sorgsam in seine Tasche einpackte, mit dem Bemerken, er müsse dieses Instrument sparen, weil kein Hanfstrick mehr zu bekommen sei. Die Raubmörder mögen also nicht jubeln, für einen guten Strick ist gesorgt und es besteht noch lange nicht die Gefahr, daß die Gauner mit einer Papierleine aufgeknüpft werden müssen."
Peter Rahner wurde wegen Diebstahl und Raubmord an der Wiener Touristin Hermine Preinfalk im Mai 1918 zum Tode verurteilt. Preinfalk war Ende September 1917 auf die steirische Pretulalpe in der Nähe von Mürzzuschlag gereist und galt seitdem als vermisst. Am 13. Oktober 1917 meldete der Holzknecht Rahner der Gendarmerie in Rettenegg einen Leichenfund. Es handelte sich tatsächlich um Hermine Preinfalk, deren Kopf durch Axthiebe zerschmettert worden war. Die Gendarmen stellten außerdem fest, dass die Tote nach dem Mord vergewaltigt wurde. Peter Rahner wurde bald zum Hauptverdächtigen, da er am Tag des Verschwindens von Hermine Preinfalk mit einer Axt gesehen wurde. Abgesehen davon galt er als roh und gewalttätig. Eine dem Mordopfer gestohlene Uhr mit silberner Kette entlarvte den Mörder schließlich, da er diese unvorsichtigerweise zur Reparatur gebracht hatte: Der Uhrmacher meldete den für einen Holzknecht ungewöhnlichen Reparaturauftrag nämlich der Polizei.
Rahner wurde am 22. August 1918 in Graz hingerichtet. Es war die erste Hinrichtung in Graz nach 15 Jahren. Die letzte Hinrichtung fand in Graz im Jahr 1949 statt; 1950 wurde die Todesstrafe in Österreich endgültig aufgehoben.
Links:
Der Strick der Gehenkten (Innsbrucker Nachrichten vom 26. August 1918)
Hinrichtung des Raubmörders Peter Rahner (Innsbrucker Nachrichten – Sonntagblatt vom 25. August 1918)