In der humoristischen Wochenschrift Die Muskete erschien am 26. Dezember eine Karikatur Karl Alexander Wilkes, der österreichische Weltkriegsheimkehrer mehr als 60 Jahre nach dem Waffenstillstand von 1918 im Jahr 1980 zeichnete. Die "Fußwaschung", auf die sich die verarmten und zerlumpten Soldaten beziehen, war eine Zeremonie, in der der österreichische Kaiser ausgewählten Armen die Füße wusch. Dieses Ritual, das alljährlich zur Karwoche an jeweils 12 Frauen und 12 Männern vollzogen wurde, symbolisierte die christliche Nächstenliebe und Demut des kaiserlichen Hofs vor dem einfachen Volk. Die auserwählten Armen, die nach der Zeremonie reichlich beschenkt wurden, mussten allerdings über 80 Jahre alt sein, womit sich auch das von Wilke gewählte Datum "1980" erklärt.
Unmittelbar unterhalb der Karikatur Wilkes veröffentlichte Die Muskete ein Gedicht von Alfred Ehrmann-Falkenau, dem späteren Herausgeber der Badener Zeitung, mit dem Titel "Heimkehr":
Dein Schatten breit
Stand in der Tür,
Und Widerstreit
War jäh in mir!
Mein Aug' frohlockte:
"Er ist es! Er!"
Die Seele bockte:
"Ich glaub's nicht mehr."
Du tratest näher –
"Weh! Weh! Sein Geist...!"
Ich wußte nicht eher,
Daß du es seist,
Als bis dein Arm
Mich stark und warm
Wie sonst umfing
Und du mir sagtest:
"Dummes Ding!"
Der Lehrer, Schriftsteller und Musiker Alfred Ehrmann-Falkenau lebte in Baden bei Wien, verfasste zahlreiche Gedichte, war Autor auch heute noch beachteter Biografien von Johannes Brahms und Hugo Wolf sowie Mitbegründer der Badener Beethovengemeinde. Aufgrund seiner betont österreichisch-patriotischen Haltung verlor er 1938 nach der Annexion Österreichs durch Hitler-Deutschland seine Position als Chefredakteur der liberalen Badener Zeitung. Aus Verzweiflung und Angst vor nationalsozialistischer Verfolgung beging Ehrmann-Falkenau am 1. Oktober 1938 im oberen Kurpark der Stadt Baden Selbstmord. Seit 1958 erinnert dort ein Gedenkstein an ihn.
Ganz anders der Leipziger Karl Alexander Wilke, der ab 1903 in Wien als Ausstatter am Burgtheater und als Illustrator für das humoristische Magazin Die Muskete wirkte. Er war illegaler Nationalsozialist und wurde deshalb unmittelbar nach dem "Anschluss" 1938 kommissarischer Leiter des Österreichischen Bundesverlags. Schon in den frühen 1930er Jahren illustrierte er Bücher für den in Graz angesiedelten damals deutsch-völkischen und antisemitischen Leopold Stocker Verlag. Bis 1945 erschienen im Leopold Stocker Verlag weitere den Nationalsozialismus verherrlichende Bücher, die von Karl Alexander Wilke grafisch gestaltet wurden. Wilke starb 1954 in Wien.
Links:
Heimkehr (Die Muskete vom 26. Dezember 1918)
Weiterlesen: In Demut: Die Fußwaschungszeremonie
Weiterlesen: Die Geschichte des Leopold Stocker Verlags