Am 26. Februar 1918 beklagte der Oesterreichische Bierbrauer die bevorstehende kriegswirtschaftlich bedingte Requirierung von Zinnrohren, die in Gasthäusern für den Bierausschank verwendet wurden und ersuchte um die Belassung zumindest eines Rohres pro Gastwirtschaft, um den Bierausschank nicht zu gefährden, insbesondere "in den Sudetenländern, wo sogenanntes Hefenbier zum Ausstoß gelangt, d.h. ein mit Kräusen versetztes Bier, welches im Keller des Wirtes einen Nachgärungsprozess durchmacht, dort oft wochenlang liegt, welches durch eigenen Druck in einer stabilen Zinnrohrleitung vom Keller bis zur Ausschankstelle geleitet wird, die Wegnahme der Zinnleitung den Wirt vor eine Existenzfrage stellt, zumal die Verwendung eines anderen Materials zur Herstellung solcher Rohrleitungen unter den obwaltenden Verhältnissen nahezu unmöglich erscheint, und auch im Hinblick auf die Bestimmungen des Nahrungsmittelgesetzes unstatthaft ist."
Das seit vielen Tausenden Jahren in Verwendung stehende Zinn (zum Beispiel für die Herstellung von Bronze) erlangte Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem durch die industrielle Produktion von Weißblech große Bedeutung und wurde unter anderem auch für Bierleitungen verwendet. Heute ist Zinn ein relativ teurer Rohstoff, dessen weltweite Reserven in etwa 35 Jahren erschöpft sein werden, sodass Bierleitungen mittlerweile vor allem aus preisgünstigen Kunststoffen hergestellt werden.
Kräusenbier ist fertig vergorenes Bier, dem hochgärendes Jungbier zur Nachreifung im Lagertank, der Flasche oder Fass im zugesetzt wird. Mit dem Begriff "Kräusen" bezeichnet der Bierbrauer die dabei entstehende Schaumbildung, da der Schaum wie krauses, schmutzig-weiss-braunes Haar aussieht.
Die Brauerzentrale konnte 1918 übrigens keine generelle Zusage der Zentral-Requisitionskommission für den Erhalt der Zinnrohre erreichen. Letztere sagte aber immerhin zu ihr Bestes tun zu wollen, und zumindest eine Zinnrohrleitung pro Gastwirtschaft erhalten zu wollen.
Link:
Requisition von Zinnröhren in Gasthäusern (Der Oesterreichische Bierbrauer vom 26. Februar 1918)