Die Sensation des Tages, die am 26. Jänner in Wien die Runde machte, war die spektakuläre Verhaftung des Raubmörders Rudolf Pölderl am Vortag. Pölderl hatte am 19. Jänner einen Wiener Kutscher erschlagen und anschließend dessen Gefährt samt Pferd verkauft. Nachdem die Kriminalpolizei einen Hinweis auf ein verdächtiges Telefonat von Pölderls Mutter bekommen hatte, wurde diese rund um die Uhr beschattet. Ein Beamter folgte ihr tags darauf bis in das Cafe Liechtenwerd im neunten Wiener Gemeindebezirk, wo sich Pölderl nach einem halbherzigen Fluchtversuch widerstandslos verhaften ließ. Am 11. April 1919 wurde er wegen "räuberischen Totschlages und Betruges" zu 8 Jahren schweren Kerkers verurteilt.
Das Café Liechtenwerd war mit seinen großen straßenseitigen Glasfenstern besonders am Wochenende bei Heurigenbesuchern beliebt, die mit der Straßenbahn, dem sogenannten "D-Wagen" kamen und am Liechtenwerderplatz in die Linie 8 umstiegen. Der Dichter Heimito von Doderer, der in der Nähe wohnte, war des Öfteren im "Liechtenwerd" zu Gast. 1988 musste das Café es einer Bankfiliale weichen.
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Verhaftung des Raubmörders Rudolf Pölderl (Illustrierte Kronen Zeitung vom 25. Jänner 1918)