Am 26. März berichtete die Arbeiter Zeitung von einem besonders dreisten Betrug. Es stellte sich heraus, dass der "Arzt Dr. Steic-Kobliszegh" gar keinen medizinischen Abschluss hatte und unter falschen Namen seit 1916 in einem Wiener öffentlichen Spital praktizierte:
"Dieser angebliche Arzt hatte, als er gegen ein Tageshonorar von 21 Kronen [10,30 Euro] aufgenommen wurde, eine Bescheinigung des Wiener medizinischen Dekanats vorgewiesen, daß er im Juli 1893 zum Doktor der gesamten Heilkunde promoviert worden sei. Dr. Steic-Kobliszegh hatte auch eine ausgebreitete Privatpraxis. Durch einige auffallende Fehldiagnosen, die der angebliche Arzt stellte, wurde der städtische Bezirksarzt auf ihn aufmerksam und aus seinen Mitteilung an die Spitalleitung sah man sich dort veranlaßt, die Anzeige bei der Polizeibehörde zu machen. Vom Sicherheitsbüro wurde zunächst festgestellt, daß ein Mann mit den angegebenen Personaldaten an der Wiener Universität nie zum Doktor der Medizin promoviert wurde, dagegen ein Dr. Johann Steic, der aus Cserevics in Slavonien stammt. Am 22. d. verhaftet, gestand der Beschuldigte, daß er nicht Arzt sei. Er hat vier Semester an der Wiener Universität und zwei in Innsbruck Medizin studiert, aber keine Rigorosen gemacht. Er heißt richtig Leonhard Emil Kobliszegh, ist aus Szakolcza in Ungarn und 34 Jahre alt. Er ist in Preßburg wegen Unterschlagung mit vier Monaten Gefängnis bestraft worden. Fälschlich legte er sich den Namen des Dr. Steic bei, den er seinerzeit auf der Wiener Universität kennen lernte, und die Dekanatsbescheinigung, mit der er eine Anstellung fand, hat er gefälscht. Kobliszegh wurde wegen unbefugter Ausübung der ärztlichen Praxis und weil er das Aerar um 15.000 [7.360,- Euro] Kronen geschädigt hat, dem Landesgericht eingeliefert. 300 Kronen [147,20 Euro] bar, ein Sparkassenbuch auf 2202 Kronen [1080,45 Euro] und mehrere Lebensversicherungspolizzen, die er besaß wurden beschlagnahmt."
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Ein falscher Arzt (Arbeiter Zeitung vom 26. März 1918)