Am 27. Februar 1919 berichtete das Linzer Volksblatt von einer Polizeiaktion gegen Schleichhändler in einer Weinhalle am Wiener Neubaugürtel. Das Gebiet zwischen der Burggasse und dem Wiener Westbahnhof war für den Schleichhandel berüchtigt und auch auf dem Platz zwischen den Gürtelfahrbahnen vor dem Westbahnhof, heute "Europaplatz", kam es immer wieder zu großen Menschenansammlungen, wo Lebensmittel, Tabak und anderes gehandelt wurde. Hier der lebhafte Bericht:
"Ein besonders starker 'Geschäfteverkehr' entwickelte sich in der Weinstube Wimberger am Neubaugürtel […] Um drei Uhr nachmittags wurden die Eingänge der zu der Weinhalle durch ein großes Aufgebot von Wachleuten zu Fuß und zu Pferde, sowie von Stadtschutzleuten umstellt. Polizeirat Regierungsrat Felkel, Oberkommisär Streitmann und Bezirksinspektor Denk betraten dann mit einer Anzahl von Wachleuten und Polizeiagenten das Lokal. Alle angetroffenen Personen wurden einer genauen Durchsuchung unterzogen wobei eine bedeutende Menge von Lebensmitteln, Rauchwaren und sonstiger Bedarfsartikel vorgefunden und beschlagnahmt wurde. Mehrere Personen benahmen sich äußerst renitent und konnten nur mit größter Mühe überwältigt werden. Im ganzen wurden gegen 110 Personen verhaftet. Die Amtshandlung, die mehrere Stunden dauerte, erweckte riesiges Aufsehen und rief große Menschenansammlungen hervor. Unbegreiflich erscheint es, daß ein Teil des Publikums gegen die Wache Stellung nahm. Auch als die Verhafteten in geschlossenem Zuge durch die Seidengasse, Schottenfeldgasse und Burggasse zum Kriegswucheramte geführt wurden, folgte ein zumeist aus halbwüchsigen Jungen bestehender Mob der Eskorte unter ohrenbetäubendem Geschrei und Gejohle und Pfuirufen auf die Wache. In der Schottenfeldgasse hetzten einige Männer die Menge gegen die Polizei auf, indem sie ausstreuten, die Verhafteten seien Sozialdemokraten die wegen ihrer Gesinnung verhaftet worden seien. Daraufhin nahem die Meute eine derart drohende Stellung gegen die Wache an, daß berittene Wachleute mit gezogenem Säbel die Menge zerstreuen mußten. Die Vorfälle riefen in dem sonst so ruhigen Bezirke Neubau größtes Aufsehen und starke Beunruhigung hervor. Unter den Verhafteten befanden sich fast zur Hälfte Soldaten."
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Aushebung einer Schleichhändlerbande (Linzer Volksblatt vom 27. Februar 1919)