Not macht ja bekanntlich erfinderisch. Über einen besonders kuriosen Fall von Lebensmittelschmuggel aus Baden bei Wien berichtete das Fremden-Blatt am 27. Oktober 1917: "Einem Aufsichtsorgan fiel es seit längerer Zeit auf, daß der Leichenwagen eines Badner Großfuhrmannes bei Überführungen nach Ungarn stets auf der Rückfahrt nach Baden viel langsamer fuhr als auf der Hinfahrt, um so mehr als der Wagen auf der Rückfahrt doch eigentlich leer sein mußte und die Pferde trotzdem schwer zu ziehen schienen. Bei der Anhaltung des Wagens löste sich das Rätsel. Der Leichenwagen war mit Säcken voll des schönsten und besten Weizens beladen. Die Ladung wurde sofort mit Beschlag belegt und der Großfuhrmann dem Strafgericht angezeigt."
Die Lebensmittellage war in der ungarischen Reichshälfte der Doppelmonarchie während des Ersten Weltkrieges deutlich besser als in Cisleithanien, sodass Bewohner der grenznahen Gebiete Niederösterreichs oft und gerne nach Ungarn reisten, um Lebensmittel zu "hamstern". Wiener unternahmen gerne Tagesausflüge in das damals mit der Pressburger Bahn in 2 Stunden erreichbare Bratislava (damals Pressburg, Ungarn) und auch Baden war nur wenige Kilometer von der ungarischen Grenze entfernt, da das heutige Burgenland damals noch Teil des Königreiches Ungarn war.
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Weizenschmuggel im Leichenwagen (Fremden-Blatt vom 27. Oktober 1917)