Am 27. Oktober 1918 erschien im Neuen Wiener Journal ein Nachruf auf den am 18. des Monats verstorbenen Maler Kolo (Koloman) Moser. Der am 30. März 1868 in Wien geborene Moser erhielt bereits sehr früh Zeichenunterricht und schnell wurde klar, dass er Maler werden wollte. Entgegen des Wunsches seines Vaters schrieb er sich 1885 heimlich an der Wiener Kunstgewerbeschule ein (heute Akademie der bildenden Künste), wo er nach bestandener Aufnahmeprüfung bis 1893 studierte.
Kolo Moser war nicht nur ein großartiger Künstler, sondern engagierte sich auch in der Kulturpolitik: Als Mitbegründer der Wiener Secession organisierte er verschiedenste Veranstaltungen und Ausstellungen. Im Jahr 1900 erreichte ihn der Ruf zum Professor für dekoratives Zeichnen und Malen an der Wiener Kunstgewerbeschule, wo er ein besonderes Augenmerk auf die Förderung des künstlerischen Nachwuchses legen sollte.
Neben seiner malerischen Tätigkeit widmete er sich auch handwerklich-gestalterischen Aufgaben und fertigte Möbel- und Porzellanentwürfe an. Dieses Engagement trug dazu bei gemeinsam mit Josef Hoffmann und dem Industriellen Fritz Wärndorfer 1903 die Wiener Werkstätte zu gründen, die Moser aber nach einem Zerwürfniss mit Wärndorfer 1907 wieder verließ.
Auch aus der Wiener Secession trat Kolo Moser gemeinsam mit der Klimt-Gruppe aus und widmete sich danach wieder vermehrt der Malerei. 1916 erkrankte er an Kehlkopfkrebs und starb am 18. Oktober 1918. Der Nachruf vom 27. stammt aus der Feder seines Freundes, dem Schriftsteller Hermann Bahr:
"Sogar der Ruhm stört ja bei uns das Inkognito nicht. Was einer wirklich ist, bleibt in diesem Lande verborgen. Was von einem erscheint, ist immer nur irgendein Umhang, ein Aufputz […] Er, seines inneren Rufes gewiß, ließ die Leute reden, es focht ihn nicht an, ja dieser Narr machte den Versuch, in Wien ein sachlicher Mensch zu sein. Er war dämonisch sachlich, er war von seiner Sachlichkeit wie besessen. So zog sich bald um ihn immer enger der Kreis der großen Stille, selbst seine paar Freunde verstanden ihn bald nicht mehr; der Spott seiner zwinkernden Augen wurde nach und nach immer kälter, der bittere Zug um seinen Nestroy-Mund immer härter, in der scharfen Lust dieser Einsamkeit. Und er hat sich so gut versteckt, daß vielleicht noch Jahre vergehen, bis man ahnt, was er war. Er war einer der sechs oder sieben Menschen dieser Zeit, die das Problem der Malerei bemerkten. Er wußte, daß wir über Cezanne hinaus müssen, aber über ihn auf seinem Weg nicht hinaus können. So stand er vor demselben Abgrund wie van Gogh. Daß nicht auch er verrückt wurde wie van Gogh, verdankt er vielleicht bloß jenem Nestroy-Zug seines Wesens: dem Nestroy-Wiener kommt alle Wirklichkeit von Anfang an so verzerrt vor, daß er dann über keine Verzerrung mehr den Verstand verlieren kann."
Anlässlich des 100. Todestags Koloman Mosers finden 2 Ausstellungen statt, die bis April 2019 besucht werden können.
Links:
Kolo Moser tot (Neues Wiener Journal vom 27. Oktober 1918)
Aktuelle Ausstellung: Anwendungen – Koloman Moser und die Bühne (bis 22. April 2019 im Theatermuseum, Lobkowitzplatz 2, 1010 Wien)
Aktuelle Ausstellung: Koloman Moser – Universalkünstler zwischen Gustav Klimt und Josef Hoffmann (von 19. Dezember 2018 bis 22. April 2019 im Museum für angewandte Kunst, Stubenring 5, 1010 Wien)