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Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

28. April 1918

Alexander Girardi mit Frl. Glossy in "Bauer als Millionär"
"Alexander Girardi mit Frl. Glossy in 'Bauer als Millionär', die letzte Aufnahme des Meisters"; © Sport und Salon vom 28. April 1918

In den Tagen und Wochen nach Ableben des beliebten Wiener Volksschauspielers Alexander Girardi am 20. April 1918 veröffentlichten die verschiedensten österreichischen Zeitungen Nachrufe, Würdigungen und Anekdoten aus dem Leben Girardis. Anders der bekannte Wiener Schriftsteller Peter Altenberg, der Alexander Girardi am 28. April 1918 im Gesellschaftsmagazin Salon und Sport mangelnde Sorgfalt im Umgang mit seiner Gesundheit sowie übertriebenen Ehrgeiz unterstellte und ihm seine "bei Tag und Nacht aufgebürdete Lebensenergien" vorwarf.

Peter Altenberg: "Ich glaube Gustav Klimt starb daran, Frank Wedekind, und jetzt Alexander Girardi! Es ist besser, vorteilhafter für große Künstler, sich als etwas zarte schwächliche Wiegenkindchen zu betrachten und den Robusteren ihre 'robustere Lebensarbeit' zu überlassen! Zehn Jahre mehr Gewinn an geistig-seelischen Lebens-Energien ist ein tieferer, wertvollerer Gewinn im Ganzen des komplizierten Lebens und Treibens von der Wiege bis zum Grabe! Ehrgeiz, mein Gott, welch kindliche Angelegenheit für eigentlich stets Lebens-unreife Menschen! Man bedenkt nicht weise den Zusammenbruch der überlasteten Lebens-Maschinerie und ergibt sich töricht dem Kindischesten hienieden, der Hoffnung!"

Peter Altenberg, eigentlich Richard Engländer, führte das Leben eines Bohémien und verbrachte als "Kaffeehausliterat" die meiste Zeit in seinem Wiener Stamm-Café Griendsteidl. Versuche einen "normalen" Beruf zu ergreifen hatte er wegen einer im Alter von 23 Jahren diagnostizierten "Übererregbarkeit des Nervensystems" bereits 1882 aufgegeben. Schriftstellerischer Erfolg blieb Altenberg zu Lebzeiten allerdings verwehrt, sodass er von Zuwendungen seiner Gönner, darunter Karl Kraus und Adolf Loos, abhängig blieb.

Altenberg litt an psychischen Krisen und Depressionen und verbrachte mehrere Jahre in Alkoholentzugs- und Nervenheilanstalten. In seinen letzten Lebensjahren wohnte er in einem Zimmer des Graben-Hotels in der Wiener Dorotheergasse. Er verstarb im 60. Lebensjahr am 8. Jänner 1919, um 8 Jahre jünger als der von ihm wegen dessen Lebensstils kritisierte Girardi.

Heute erinnern eine lebensgroße Figur an einem Kaffeehaustisch im Wiener Café Central und die Peter-Altenberg-Gasse in Wien-Döbling an den Schriftstelle und das Wiener Original.

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Alexander Girardi (Sport und Salon vom 28. April 1918)
Heute vor 100 Jahren: Das Ableben Alexander Girardis (20. April 1918) 
Heute vor 100 Jahren: Das Ableben Gustav Klimts (6. Februar 1918) 

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