Nach mehreren Jahren gab es 1917 im Osten Österreichs bis weit nach Ungarn wieder weiße Weihnachten. Schon am 24. Dezember begann es in Wien heftig zu schneien. "Schnee fiel in reicher Fülle und besonders am Stephanitag abends senkten sich ganze Wolken aus Schneestaub nieder, als ob man oberhalb unserer Gegenden Mehl aus vollen Säcken ausschütten würde" (Deutsches Volksblatt vom 28. Dezember).
Das Schneechaos erreichte nach einem "Blizzard" in der Nacht vom 27. auf den 28. Dezember seinen Höhepunkt: "Es war ein seltsames, ganz ungewohntes Bild, das sich am heutigen Morgen den Wienern bot: in den Straßen lagen ganze Wellen aufgehäuften feinpulverigen trockenen Schnees, die vom nächtlichen Sturm derart zusammengeweht worden waren, daß eine Passage schlechterdings unmöglich erschien." Wie gelegentlich auch in der Gegenwart, führte der Schnee auch damals zu einer Überlastung des öffentlichen Verkehrs: "Auf der Stadtbahn fuhr der Zug, der um 7 Uhr 4 Minuten fällig war, erst um ½ 9 durch die Strecke. Die Bahnsteige der Stadtbahnstationen waren von hunderten Menschen überfüllt und, als er ankam, konnte er wegen Platzmangels keinen Fahrgast mehr aufnehmen. Dutzende Menschen standen auf den Trittbrettern oder hingen an den Puffern." Einzelne Zeitungen berichteten, dass Fahrgäste sogar auf den Dächern der Straßenbahnen mitfuhren.
Um dem seit 1901 intensivsten Schneefall in Wien beizukommen, wurden Straßenbahnen kurz geführt und das so freiwerdende Personal für die Schneeräumung eingesetzt. Außerdem kamen am Vormittag des 28. Dezember alle verfügbaren vierspännigen Pferde-Schneepflüge, 3000 Soldaten und etwa noch einmal so vielen Zivilpersonen, darunter zahlreiche Frauen und Jugendliche, zum Einsatz. Am Samstag dem 29. Dezember beteiligten sich nach einem Aufruf von Bürgermeister Weißkirchner sogar mehr als 15.000 Menschen als Schneeräumer.
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Ein "Blizzard über Wien" (Neuigkeits Welt Blatt vom 28. Dezember 1917)