Die Website zum Gedenk- und Erinnerungsjahr 2018 wird nicht mehr aktualisiert, steht aber bis auf weiteres als Nachlese zur Verfügung.
Seitenpfad
Ihre Position: Oesterreich100.at - Von Tag zu Tag 1917 bis 1919
Inhalt

Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

29. April 1918

"Der Tiroler" zum 60. Geburtstag von Ämilian Schöpfer
"Der Tiroler" zum 60. Geburtstag von Ämilian Schöpfer Mitbegründer und Obmann der Christlichsozialen Partei in Tirol, interimistischer Landeshauptmann von Tirol 1916/17 und Gründer des Tyrolia Verlags; © Der Tiroler vom 28. April 1918

Am 29. April wurde der 60. Geburtstag des 1858 in Brixen in Südtirol geborenen katholischen Geistlichen Ämilian Schöpfer begangen. Schöpfer, der sich ursprünglich intensiv mit alttestamentarischer Bibelexegese beschäftigte, schloss sich nach Studienaufenthalten in Wien und Niederösterreich der noch jungen christlichsozialen Bewegung um Karl Lueger an. Damit geriet er in Konflikt mit der in seiner tirolerischen Heimat tonangebenden katholisch-konservativen Partei, ließ sich aber nicht beirren, gründete 1900 den Preßverein Tyrolia (heute Verlagsanstalt Tyrolia) und spielte 1904 bei der Gründung des Tiroler Bauernbundes eine führende Rolle. 1895 zog er als christlichsozialer Abgeordneter des südtiroler Bezirks Bruneck (Brunico) in den Tiroler Landtag bzw. 1896 in das Abgeordnetenhaus in Wien ein. Nach dem Tod des Tiroler Landeshauptmann Kathrein am 1. Oktober 1916 wurde Ämilian Schöpfer von Kaiser Karl als interimistischer Landeshauptmann angelobt.

Die Tageszeitung Der Tiroler ehrte Schöpfer im April 1918 anlässlich seines 60. Geburtstages am Titelblatt und irrte wohl in ihrer Auffassung, dass sich das Wirken des Politikers Schöpfer nun dem Ende zuneige: "Ein reiches Leben der Arbeit hat Hofrat Schöpfer demnach hinter sich. Er hat getreu dem Grundsatz 'colligite fragmenta' jede Minute benützt, um seinen Pflichten zu entsprechen, um seine Kenntnisse zu erweitern, Erfahrungen zu sammeln und dadurch der Umwelt dienstbar zu sein. Die Aufgabe, die er sich selbst nahm, hat er aller Wege zu lösen versucht und dabei auch eine staunenswerte Ernte an äußeren und inneren Erfolgen eingebracht.. Die Arbeit zum Wohle der Mitmenschheit ist keine einzige Freude, bedeutet für ihn, die Lust zu leben. […] Er hat es immer verstanden, auch im wildesten Strudel politischer Kämpfe, das Sachliche vom Persönlichen zu trennen, da er sich stark genug fühlte, mit der Idee durchzudringen und es ihm zu unedel war, irgendwie und irgendwo an der Tadellosigkeit der Persönlichkeit seiner Gegner zu rütteln. Das will viel sagen, zumal um ihn der Gischt politischer Leidenschaften oft genug hoch aufspritzte." 

Nach dem Ersten Weltkrieg war Schöpfer aufgrund seines Reichsratsmandats Mitglied der provisorischen Nationalversammlung und wurde in den von Karl Renner geleiteten Staatsrat gewählt, der den Übergang von der Monarchie zur Republik vorbereitete. Schöpfer, der aus politischen Gründen nach Nordtirol übersiedelte, blieb noch fast ein volles Jahrzehnt bis 1927 Abgeordneter im österreichischen Nationalrat. Allerdings konnte er sich zeitlebens nicht mit der republikanischen Staatsform anfreunden und trat für einen unabhängigen Staat Tirol ein, womit er die Hoffnung verband die Trennung seiner Heimat in Nord- und Südtirol zu verhindern.

Ämilian Schöpfer verstarb am 24. März 1936 in Innsbruck.

Links:
Zum 60. Geburtstage des Hofrats Dr. Aem. Schoepfer (Der Tiroler vom 28. April 1918)
Weiterlesen: Ämilian Schöpfer auf der Website des österreichischen Parlaments

Alle Einträge anzeigen: Von Tag zu Tag