"Frauenversammlung in der Brigittenau. Heute Dienstag um ½8 Uhr abends im Verbandsheim, Wintergasse Nr. 29, Frauenversammlung mit Vortrag von Adelheid Popp: Die proletarische Massenbewegung und ihre Bedeutung für die Frauen." So lautete eine Ankündigung in der ab 6 Uhr Früh erhältlichen Arbeiter-Zeitung vom 29. Jänner 1918 für eine Veranstaltung am Abend desselben Tages.
Das Arbeiterkind Adelheid Dworak (verheiratete Popp) musste bereits nach drei Klassen die Volksschule verlassen, um in einer Fabrik zu arbeiten. Nach einem zwölfstündigen Arbeitstag lernte sie am Abend Lesen und Schreiben und engagierte sich in der Arbeiterbewegung. Sie war Mitbegründerin des Wiener Arbeiterinnen-Bildungsvereins und Redakteurin der Arbeiterinnen-Zeitung. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde sie sowohl in den Wiener Gemeinderat als auch in den Nationalrat gewählt.
Während des Ersten Weltkriegs war Adelheid Popp das Frauenwahlrecht ein besonderes Anliegen, für das sie in Reden und Zeitungskommentaren kämpfte. Nachdem Frauen während des Kriegs in früher männlich dominierten Berufen reüssierten und zweifellos "ihren Mann stellten", konnte ihnen die politische Teilhabe am öffentlichen Leben nicht mehr länger verwehrt werden. Das sowohl von der bürgerlichen als auch von der proletarischen Frauenbewegung geforderte allgemeine und gleiche Wahlrecht für Frauen – jenes für Männer war bereits 1907 eingeführt worden – war wohl nur mehr eine Frage der Zeit.
Tatsächlich beschloss die provisorische Nationalversammlung nach dem Zusammenbruch der Monarchie am 12. November 1918 das "allgemeine, gleiche, direkte und geheime Stimmrecht aller Staatsbürger ohne Unterschied des Geschlechts."
Links:
Frauenversammlung in der Brigittenau. (Arbeiter-Zeitung vom 29. Jänner 1918)
Das Frauenwahlrecht (Arbeiterinnen-Zeitung vom 29. Jänner 1918)
Weiterlesen: Adelheid Popp: Wahlrede für die Nationalratswahl vom 9. November 1930 (Tondokument)