Während des Weltkriegs nahmen okkulte Praktiken und Wahrsagerei zu, sei es in England (siehe die Illustration und den Artikel in der Illustrierten Kronen-Zeitung vom 30. April 1918) oder auch in Österreich-Ungarn.
Am 3. Juli 1918 berichtete die Linzer Tages-Post von einer Tiroler Wahrsagerin, die so sogar so beliebt war, dass sie wegen des großen Andrangs Vorbestellungen annehmen und Besuchsregelungen treffen musste:
"In Innsbruck befindet sich eine Frau, die seit langer Zeit schon leicht und unbeschwerlich sich den Lebensunterhalt mit Wahrsagen verdient. Sie benützt hiezu ausschließlich die Karten, verschmäht jeden anderen Hokuspokus und hat bei ihren Kunden großes Glück und viel Geschick. Ihre ganz besondere Geschicklichkeit, von unbekannten Personen, ihren Kunden, das eine und das andere aus der Vergangenheit zu erraten, brachte ihr so viel Vertrauen ein, daß man auch manches glaubt, was sie aus den Karten vorhersagt. Daher erklärt sich auch der große Zulauf und ihr guter ‚Ruf‘ als Kartenschlägerin. Aus allen Kreisen kommen Neugierige, um aus dem Munde der Arbeiterfrau zu wissen, was das Schicksal für sie bestimmt haben könnte. Ganz besonders während des Krieges hat sich die Zahl der Besucher vervielfacht, Krieger gehen aus und ein, Mannschaften und Offiziere, die vor allen anderen Dingen die Frage beantwortet wissen wollen, ob sie wiederkehren werden oder nicht. Der große Zuspruch bei der Kartenschlägerin brachte eine förmliche Regelung ihrer Besuchsstunden mit sich, so groß war manchentags der Andrang zu der simplen Behausung in der Vorstadt. Samstag und Sonntag sind künftig ihrer Erholung gewidmet, andere müssen sich vormerken lassen wie beim Zahnarzte oder bei anderen im menschlichen Leben wichtigen Personen, zudem wollte man auch das Ansammeln von Personen aller Stände in dem ärmlichen Warteraume, der Küche der kleinen Familie, künftig vermeiden. So sehr ist in manchen Kreisen der Aberglaube hochgewachsen!"
Zwar gibt es heute in Österreich keine Hellseherinnen oder Hellseher, die einen solchen Zulauf verzeichnen können, der Aberglaube ist aber dennoch fest in der Gesellschaft verankert – ob man nun Radio- oder Zeitungshoroskopen folgt, auf Holz klopft, an Feen oder Geister glaubt oder täglich die Sterne befragt.
Links:
Zunahme des Aberglaubens (Linzer Tages-Post vom 3. Juli 1918)
General und Wahrsagerin (Illustrierte Kronen-Zeitung vom 30. April)