Hunger und Lebensmittelmangel gehörten in in der jungen Republik auch nach dem Ersten Weltkrieg zum Alltag. Besonders die Städte, allen voran Wien, waren von einer Hungerskatastrophe bedroht, die ohne ausländische Hilfe nicht zu bewältigen war. Schon unmittelbar nach Kriegsende kam es deshalb zu Hilfslieferungen durch der Entente-Mächte. Auch die neutrale Schweiz half, sodass die erste schweizerische Lebensmittellieferung Österreich bereits Ende Dezember 1918 erreichte. Die Illustrierte Kronen-Zeitung berichtete am 30. Dezember 1918:
"Es handelt sich bei diesem Transport um etwa 110 Waggons, die in mehrere Züge geteilt werden, um die Fahrzeit nach Tunlichkeit abkürzen zu können. Es kommen 60 Waggons Mehl, 40 Waggons Reis, 8 Waggons Fett, 6 Waggons Kondensmilch und Schokolade […] In der Schweiz werden augenblicklich zwei Aktionen zur Beschaffung von Lebensmitteln betrieben: eine des deutschösterreichischen Staatsrates und eine besondere der Gemeinde Wien. Die jetzt erwartete Sendung dürfte ausschließlich der Gemeinde Wien gehören und auch nur hier zur Verteilung kommen, während die Bemühungen des Staatsrates in einem viel größeren Rahmen gehalten sind mit der Absicht, die eingeführten Waren zunächst nicht zu verteilen, sondern zur Ansammlung von Vorräten zu benützen, um so eine eiserne Reserve zu schaffen. Der Bürgermeister hat den Magistrat bereits beauftragt, schleunigst Vorschläge über die Verteilung zu erstatten. In allererster Reihe werden aus diesen ersten Friedenslebensmittelzügen die Spitäler und Versorgungshäuser bedacht sowie die Kinder versorgt werden. Das sind die Teile der Bevölkerung die am meisten gelitten haben und wo auch schon mit verhältnismäßig geringen Mengen sehr wesentliche Arbeit geleistet werden kann. Später kämen die Mindest- und dann die Minderbemittelten an die Reihe. Dies wird natürlich erst möglich sein, wenn die Sendungen von der Entente wiederholt und regelmäßig und daher in größeren Mengen einlaufen."
1919 entschloss sich die Gemeinde Wien aus Dankbarkeit gegenüber der Schweiz den 1904 angelegten Maria-Josefa-Park im Wiener Gemeindebezirk Landstraße in Schweizergarten umzubenennen. Heute befindet sich im Schweizergarten auch das Staatsgründungsdenkmal der 1945 gegründeten Zweiten Republik, das am 25. Oktober 1966, enthüllt wurde.
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Der erste Lebensmittelzug aus der Schweiz (Illustrierte Kronen-Zeitung vom 30. Dezember 1918)