Nach dem Zerfall der Monarchie befanden sich nur mehr 3 von 8 Universitäten auf dem Boden Deutsch-Österreichs. Die Universitäten Krakau und Lemberg lagen nun in Polen, Czernowitz in Rumänien und die Prager Universität befand sich in der Tschechoslowakei. Schon während des Ersten Weltkriegs existierten Pläne zur Verlegung einzelner Universitäten, etwa von Prag in das damalige "Deutschböhmen" oder von Czernowitz nach Salzburg beziehungsweise nach Linz. Ähnliche Überlegungen nach Kriegsende, die sogar den Weg in einen Gesetzesantrag an die Provisorische Nationalversammlung fanden, wurden ebenfalls nicht umgesetzt. Die Innsbrucker Nachrichten berichteten am 30. November 1918 über diesen Gesetzesantrag:
"In der letzten Sitzung der Nationalversammlung wurde, wie kurz berichtet, die Verlegung einiger deutscher Hochschulen besprochen. In dem bezüglichen, jetzt im Druck vorliegenden Antrag heißt es: Die deutsche Universität in Prag und die deutsche Technische Hochschule in Prag werden nach Leitmeritz, die Universität in Czernowitz nach Salzburg und die deutsche Technische Hochschule in Brünn nach Linz verlegt. In Brüx ist eine deutsche Montanistische Hochschule unter Heranziehung der deutschen Lehrkräfte der Hochschule in Pribram zu errichten. Der Unterricht in den genannten Hochschulen hat mit 1. Jänner 1919 an ihren neuen Sitzen zu beginnen. Zur Unterbringung der erwähnten Unterrichtsanstalten sind die vorhandenen militärärarischen und hofärarischen Gebäude heranzuziehen, Der Staatsrat wird ermächtigt, für die notwendigen Kosten dieser Uebersiedlungen zwanzig Millionen Kronen [knapp 10 Millionen Euro] in den Staatsvoranschlag einzustellen."
Die 1875 in Czernowitz gegründete Franz-Josephs Universität stellte während des Ersten Weltkriegs einen Sonderfall dar: Da sie bereits 1914 mitten im Kriegsgebiet lag, konnte der regulären Universitätsbetrieb im Herbst 1914 nicht mehr aufgenommen werden. Deshalb wurden die Geschäfte der Universität Czernowitz während des Krieges an der Universität Wien abgewickelt, wo der Czernowitzer Rektor Caesar Pomeranz wöchentliche Sprechstunden abhielt. Die schon während des Krieges geführte Debatte über die endgültige Verlegung der Universität nach Salzburg oder Linz ging zwar nach Kriegsende weiter, zu einer Übersiedlung kam es aber vor allem aus budgetären Gründen nicht; auch der Protest der Universitäten in Graz, Innsbruck und Wien, die Konkurrenz fürchteten und vor einem Überangebot an Akademikern warnten, trug dazu bei, dass es dabei blieb bloß das akademische Personal aus Czernowitz an die 3 bestehenden Universitäten Deutsch-Österreichs zu übernehmen beziehungsweise in den Ruhestand zu versetzen.
Links:
Neue Hochschulstädte (Innsbrucker Nachrichten vom 30. November 1918)
Weiterlesen: Gesetz betreffend die Verlegung deutscher Hochschulen (Gesetzesantrag an die Provisorische Nationalversammlung
Weiterlesen: Zwischen Wien und Czernowitz – österreichische Universitäten um 1918 (Beiträge zur Rechtsgeschichte Österreichs, PDF)