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Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

4. März 1919

6 der 7 weiblichen sozialdemokratischen Abgeordneten am Tag ihrer Angelobung am 4. März 1919
6 der 7 weiblichen sozialdemokratischen Abgeordneten am Tag ihrer Angelobung am 4. März 1919; die 8. abgeordnete Frau gehörte der Christlichsozialen Partei an; © Wiener Bilder vom 9. März 1919

Am 4. März 1919 tagte erstmals das am 16. Februar 1919 gewählte erste Parlament der jungen Republik. Die Wiener Bilder brachten dazu eine Fotostrecke, bei der besonders auf die weiblichen Abgeordneten geachtet wurde, da Frauen erstmals in der Geschichte des Parlamentarismus auf österreichischem Boden die Rolle von Parlamentarierinnen einnehmen konnten. 8 Frauen, 7 Sozialdemokratinnen und eine Christlichsoziale, nahmen 1919 in der konstituierenden Nationalversammlung Platz, was einem Frauenanteil von knapp über 5% betrug:

"Ernst und würdig wurde am 4. März im Wiener Parlamentsgebäude die erste Nationalversammlung Deutschösterreichs eröffnet. Langsam füllte sich der Saal. Als erste erschienen die Christlichsozialen, ihnen folgten die deutschen Agrarier. Punkt 11 Uhr traten, mit roten Nelken geschmückt, die Sozialdemokraten ein; es war eine geschlossene Reihe, deren Einzug sich wirkungsvoll gestaltete. In ihrer Mitte kamen die weiblichen Abgeordneten. Sieben an der Zahl, jede mit einer Aktentasche in der Hand, einfach, aber mit voller Sicherheit des Auftretens; sie haben die ersten Plätze im dritten Bänkesegment gewählt. Kaum hatten die Abgeordneten die Sitze eingenommen, eröffnete Präsident Seitz die Sitzung, nahm die Angelobung des ältesten Mitgliedes, des Abgeordneten David entgegen, des Alterspräsidenten. Ein Siebziger, erfreut sich Abgeordneter David einer erfreulichen Rüstigkeit, und seine kräftige Stimme beherrscht den Saal, als er die Versammlung begrüßte. Die Sozialdemokraten haben die Linke des Hauses, die Christlichsozialen die Rechte besetzt und das Zentrum bildet das bescheidene Häuflein der bürgerlichen Parteien […] Klein ist das neue Parlament; man sieht, nach einem alten Scherzworte, viele, die nicht da sind. Statt 516 werden jetzt 159 Abgeordnete tagen; raschere Arbeit kann also geleistet werden; auch dies ist eine Hoffnung und nicht die geringste der Bevölkerung."

Die Zahl der Nationalratsabgeordneten sollte sich nach seiner Konstituierung 1919 noch einige Male ändern: 1920 wurde sie auf 183 hinaufgesetzt, ab 1923 betrug sie 165. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Zahl von 165 beibehalten und erst 1971 wieder, so wie im Jahr 1920, auf 183 angehoben. Da das Herabsetzen der Mandatszahl Mandate "teurer" macht (eine Partei benötigt mehr Stimmen, um ein Mandat zu erlangen), war die Reduzierung der Mandate 1923 ganz im Interesse der dominierenden Christlichsozialen Partei (die 1923 etwa 45% erreichte), aber auch die Sozialdemokratie profitierte von der Reform (39%). Die Verlierer waren die Großdeutsche Partei, der Landbund und einige Kleinparteien.

Links:
Eröffnung der deutschösterreichischen Nationalversammlung (Wiener Bilder vom 9. März 1919)
Heute vor 100 Jahren: Die Wahl zur konstituierenden Nationalversammlung (16. Februar 1919)

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