Die bis heute beliebte Gmundner Keramik war schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts weit über die Grenzen der Monarchie hinaus bekannt. Das das Unternehmen während des Weltkriegs wegen des Arbeitskräftemangels in Produktionsschwierigkeiten kam, gründete der Inhaber Franz Schleiß 1917 eine Lehrwerkstätte in Gmunden – aus Sicht der Redaktion der Linzer Tagespost längst überfällig, wie diese am 5. Juli 1918 feststellte:
"Freilich gab es in neuerer Zeit einen Verfall der altkeramischen Produktion. Und merkwürdig war es, daß die Regierung zur Wiedererweckung derselben nichts tat, denn alle keramischen Fachschulen, welche der Staat errichtet hat, haben ihren Sitz in Böhmen, Mähren oder Galizien, keine aber in den Alpenländern. Nunmehr aber ist die Wiederbelebung des keramischen Kunstgewerbes bei uns wieder im besten Gange. Und wieder nehmen die keramischen Erzeugnisse von Gmunden, wo die alte Werkstätte von Schleiß unter neuer, jugendlich kräftiger Führung emporblüht, dem ersten Rang ein. Und da sich dort reiche Lager guten Tones finden, so sind die Vorbedingungen zu weiterer Blüte in Gmunden ebenso wie früher auch jetzt gegeben. Die alte Tradition, die in Gmunden fortlebt, gibt uns die Sicherheit, daß sich dort ein in heimatlichem Boden wurzelnder Stil erhalten wird, der seine Eigenart wahrt und jedem fremden Einschlag den Eingang verwehrt. Die Erzeugnisse der neuen Gmundener Keramik haben bei zahlreichen Ausstellungen im In- und Auslande allgemeine Zustimmung und allgemein Gefallen gefunden. Leider fehlen aber, bei der Neubelebung dieser alten Hafnerkunst in Gmunden, wie in Oberösterreich und den Alpenländern überhaupt, die nötigen Arbeitskräfte. Dieser Mangel verhindert es, daß die Gmundener Keramik zahlreichen Bestellungen aus dem Auslande, die nach verschiedenem Ausstellungen, einliefen, gar nicht nachzukommen vermag. Um diese Arbeitskräfte wenigstens für die Zukunft zu sichern, hat Herr Franz Schleiß in Gmunden eine Lehrwerkstätte für Keramik gegründet, für die auch eine staatliche Unterstützung erwirkt wurde. Sie soll nur eine beschränkte Schülerzahl aufnehmen, damit der Unterrichtende sich mit jedem einzelnen Schüler befassen und dessen Eigenart studieren und pflegen könne."
Die Gmundner Keramik geht bis auf das Jahr 1492 zurück. Franz Schleiß erwarb 1843 die Gmundner "Hafnerhäuser" am See und übergab sie 40 Jahre später seinem Sohn Leopold. 1913 erfolgte der Zusammenschluss der Wiener mit der Gmundner Keramik unter dem Namen "Vereinigte Wiener und Gmundner Keramik und Gmundner Tonwarenfabrik Schleiß GmbH". Die Manufaktur blieb bis 1968 in Familienbesitz und wird heute vom Salzburger Johannes Moy geführt.
Noch heute gilt die Gmundner Keramik als einer der bedeutendsten Geschirrhersteller Österreichs. Täglich werden rund 10.000 Geschirrteile hergestellt, wovon ein Viertel (also eine knappe Million) ins Ausland, vorrangig nach Deutschland und in die Vereinigten Staaten, exportiert wird. Laut eigener Angabe ist die Gmundner Keramik bis heute der einzige Betrieb, der Lehrlinge zu Keramikmalerinnen und -Malern ausbildet.
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Die keramische Lehrwerkstätte in Gmunden (Linzer Tages-Post vom 5. Juli 1918)
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