Die Website zum Gedenk- und Erinnerungsjahr 2018 wird nicht mehr aktualisiert, steht aber bis auf weiteres als Nachlese zur Verfügung.
Seitenpfad
Ihre Position: Oesterreich100.at - Von Tag zu Tag 1917 bis 1919
Inhalt

Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

5. März 1918

Hôtel Höller, Deutsches Volkstheater, um 1913
Wien um 1913: "Hôtel Höller, Deutsches Volkstheater" mit Raimund-Denkmal (heute im Weghuberpark vor dem Justizministerium); © Österreichische Nationalbibliothek, Ansichtskarten Online (AKON)

Große Erleichterung herrschte in der Wiener Theaterszene als sich am 5. März 1918 die Kunde von der neuen Leitung des (damals offiziell "Deutschen") Volkstheaters verbreite: "Und allen ist ein Heil widerfahren: der Posten eines Volkstheater-Direktors ist endlich besetzt worden. Nachdem es einen Monat lang ungewiß war, wer der kommende Mann sein werde, ist die Lösung gestern, dennoch früher als man erwartet hat, erfolgt. Eine Lösung, von der man wohl befriedigt sein darf, da die Wahl auf Herrn Alfred Bernau gefallen ist, einen Mann, der in der kurzen Zeit seines Wirkens in dieser Stadt sich Ansehen zu verschaffen verstanden hat... Er ist schon damit im Vorteil, daß man ihm zutraut ein gutes Volkstheater zu führen. Lang, lang ist's her, daß wir das nicht gehabt haben."

Bernau, der bis 1924 die Funktion des Direktors des Wiener Volkstheaters bekleidete, setzte sich für Naturalismus, Neuromantik und Expressionismus ein und engagierte bedeutende Schauspieler und Regisseure, unter anderem Raoul Aslan, Helene und Hermann Thimig, Hans Jaray, Lotte Medelsky, Hans Moser, Traute Carlsen und ihr Mann Karl Forest (siehe die Geschichte vom 11. Oktober 1917), Hansi Niese, Max Pallenberg und Alexander Moissi (siehe die Geschichte vom 4. September 1917).

Besonderen Wert legte auf Bernau auf die damals modernen Gegenwartsstücke, darunter Schnitzler (in "Professor Bernhardi" spielte Bernau selbst die Titelrolle), Felix Salten, G. B. Shaw, Ibsen und Strindberg, wobei zahlreiche Stücke Bernaus pazifistische Geisteshaltung widerspiegelten. Mit der Uraufführung von Arthur Schnitzlers Reigen in den dem Volkstheater angeschlossenen Wiener Kammerspielen (Bernau führte die Kammerspiele zuvor selbst als Direktor) provozierte er am 1. Februar 1921 einen der bekanntesten  Wiener Theaterskandale, der den sogenannten "Reigen-Prozess" zur Folge hatte.

Am Höhepunkt der Inflation musste Bernau das Volkstheater wegen ausbleibender finanzieller Gewinne 1924 verlassen und ging als Theaterdirektor und Filmschauspieler nach Deutschland. Er verstarb 1950 in St. Wolfgang in Oberösterreich.

Link:
Der neue Volkstheater-Direktor (Wiener Allgemeine Zeitung vom 5. März 1918)

Alle Einträge anzeigen: Von Tag zu Tag