Am 6. März 1918 wurde den Wienerinnen und Wienern eine "großzügige Neuerung auf dem Gebiet der städtischen Leichenbestattung" vorgestellt: "In den Werkstätten der Straßenbahn wurde ein eigener Leichenwagen gebaut, der von einem Triebwagen der 'Elektrischen' geführt wird."
Von März 1918 bis 1928 (und dann wieder während des Zweiten Weltkriegs) wurden Verstorbene mit der Straßenbahn zum Wiener Zentralfriedhof transportiert. Die ersten zwei Linien verkehrten ab März 1918 vom Lainzer Versorgungsheim in Wien-Hietzing und dem Kaiser Franz Josef Jubiläumsspital (damals in der Esterhazygasse im 6. Wiener Gemeindebezirk), weitere Linien später ab der Pflegeanstalt am Steinhof und dem Allgemeinen Krankenhaus.
Der Wagen der Type 7031 fasste zwölf Särge, war dunkelgrau lackiert und verkehrte nach Einbruch der Dunkelheit, um Lebende nicht zu erschrecken. Die schon in den 1880ern angedachte Etablierung einer "Leichentram" wurde gegen Kriegsende aus Notwendigkeit umgesetzt, da die Strecke zum Zentralfriedhof für kriegsbedingt hungernde Pferde zu weit war, und von der Armee eingezogene Lastkraftwagen nicht zur Verfügung standen. Die "letzte Reise" war bis Kriegsende kostenlos. Um 1920 kostete der "Fahrschein" für die letzte Reise bereits 450 Kronen (ca. 45,- Euro) und war damit deutlich teurer als der Tarif für reguläre Passagiere.
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Leichenbeförderung mittels Straßenbahn (Titelblatt des Neuigkeits-Welt-Blattes vom 6. März 1918) – ein besonders gutes Beispiel einer "Reproduktion nach einer photographischen Aufnahme"