Am 6. September 1918 beschwerte sich das Fremden-Blatt bitter über die schlechte Qualität des österreichischen Telefonnetzes. In Apparate und Leitungen würde zu wenig investiert, lautete die Klage und Telefonistinnen, die die Verbindungen händisch herstellten, wären heillos überfordert und überdies unterbezahlt:
"Um es zum xtenmal zu wiederholen: wenn man eine Verbindung wünscht und die Zentrale aufkurbelt, kann man die Wette halten, daß unter 100 Verbindungen 80 versagen. Die sich daraus ergebenden Folgen sind sowohl für den privaten als geschäftlichen Verkehr außerordentlich schwerwiegend. Es brennt irgendwo, und man will telephonieren; jemand stirbt, man braucht dringendst einen Arzt, und man will telephonieren; man hat ein Geschäft abzuwickeln, das Geld ist verloren, wenn man nicht sofort telephonischen Anschluß bekommt – kurz, man will und muß in ungezählten Fällen telephonieren. Man will. Und man glaubt, daß man es wollen darf, weil man ja hohe Preise fürs Telephonieren zahlt […] Man kurbelt an, ruft und ruft und ruft in den Apparat und hört nichts; oder man Hort die aufgeregte Stimme der Telephonistin, die behauptet, daß sie einen schon längst verbunden hat; oder man hört und wird nicht gehört, sowohl von der Telephonistin als auch vom Angerufenen. Und zum Gespräch kommt es nie. Das Telephon ist wirklich der moderne Folterapparat, dem alles zum Opfer fällt. Die Uebelstande sind grauenhaft. Darum wiederholen wir die Warnung, das Telephon je eher einer tauglichen Reparatur zu unterwerfen, die Leitungen und Apparate, wo es nötig ist, zu vervielfachen und zu erneuern; die Angestellten besser zu zahlen und neue Angestellte aufzunehmen! Warum versucht man es nicht mit Kriegsinvaliden? Ein Teil von ihnen wäre gut zu brauchen und es wäre eine gute Lebensversorgung für sie. Kurz: so geht es nicht mehr weiter, sonst verelenden wir vollständig."
Links:
Der Telephonskandal (Fremden Blatt vom 6. September 1918)
Heute vor 100 Jahren: Telephonie in Österreich-Ungarn (2. August 1918)