Der Tiroler berichtete am 7. Juni 1918 von einem Oberst Karl Strauch, der wegen Beschimpfung Untergebener vor dem Heeresdivisionsgericht angeklagt war: "Mehrere Unteroffiziere des Gefangenenlagers, bei dem der Oberst zugeteilt war, hatten sich brieflich an einen Abgeordneten gewendet, um die Versetzung in ihre Tiroler Heimat zu erwirken. Als Grund gaben sie Beschimpfungen an, die der Oberst ihnen gegenüber im Dienste gebraucht haben soll, wie 'Lausbuben', 'Deutsche Schweine', 'Oesterreichische Schweine', 'Nationalhasser', 'Tiroler Wastel' u. dgl."
Der raue Ton im Heer war damals wenig verwunderlich, dass aber Beschimpfungen von Untergeben zu einem Prozess führten, dafür umso mehr. War sagten einige Unteroffiziere gegen Oberst Strauch aus, der allerdings nach entlastenden Aussagen seiner Offizierskameraden freigesprochen wurde:
"In der Verhandlung, die ungemein eingehend geführt wurde, stellte der angeklagte Oberst mit aller Entschiedenheit in Abrede, jemals solche Beschimpfungen gebraucht zu haben. Die Unteroffiziere, die die Briefe geschrieben hatten, blieben bei ihren Angaben, die sie auch unter Eid wiederholten. Einzelne Ausdrücke wurden auch von anderen Unteroffizieren bestätigt. Insbesondere sollen solche Beschimpfungen bei dem täglichen Rapport vorgekommen sein. Demgegenüber berief sich der angeklagte Oberst darauf, daß beim Rapport immer wenigstens ein Offizier anwesend war. Die Offiziere seien aber in der Lage das Gegenteil zu bestätigen. Tatsächlich gaben alle vernommenen Offiziere dem Obersten das beste Zeugnis. Ein Schimpfwort von der Art, wie sie ihm zur Last gelegt werden, habe keiner der Offiziere gehört."
Tatsächlich wurden während des Ersten Weltkrieges zahlreiche Verfahren wegen verbaler Entgleisungen und körperlichen Züchtigung gegen Offiziere geführt, die aber in den meisten Fällen zu Freisprüchen führten. Die Offiziere rechtfertigten ihr Verhalten damit, dass Beschimpfungen und Schläge "zur Aufrechterhaltung strenger Manneszucht und Disziplin" dienen würden.
Die Überheblichkeit des Offizierscorps blieb auch der Bevölkerung im Hinterland nicht verborgen und trug zur Kriegsmüdigkeit bei. Der Tiroler stellt abschließend fest: "Die Leute, die den Brief an den Abgeordneten geschrieben haben, sind wahrscheinlich nicht zu beneiden."
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Ein Oberst wegen Beschimpfung der Untergebenen auf der Anklagebank (Der Tiroler vom 7. Juni 1918)